Berlin. Ein sichtlich genervter Günther Jauch konnte den “Quassel-Imam“ Abdul Adhim Kamouss vor kurzem in seinem ARD-Talk nicht stoppen. Das hat jetzt die Leitung der Neuköllner al-Nur-Moschee getan. Dort darf der umstrittene muslimische Prediger keine Ansprachen mehr halten, wie unsere Kollegen der Berliner Morgenpost berichten. Offenbar war die Moscheeleitung gar nicht so glücklich mit dem Fernsehauftritt des 37-Jährigen.
In der Talkshow von Günther Jauch Ende September machte Abdul Adhim Kamouss als "Quassel-Imam" von sich reden. Nun wurde der umstrittene muslimische Prediger von den Betreibern seiner wichtigsten Wirkungsstätte vor die Tür gesetzt: Die Leitung der Neuköllner al-Nur-Moschee will dem 37 Jahre alten marokkanischstämmigen Berliner für seine Ansprachen keine Plattform mehr bieten. Das teilte der Prediger auf seiner Facebook-Seite mit,wie die Berliner Morgenpost berichtet.
Für die salafistische Szene in der Hauptstadt ist diese Trennung ein tiefer Einschnitt. Denn die Al-Nur-Moschee ist einer der wichtigsten Treffpunkte ihrer Anhänger – und Kamouss galt lange als einer ihrer wichtigsten Wortführer.
Moscheeleitung ärgerte sich über misslungenen Talkshow-Auftritt
Die Leitung der al-Nur-Moschee war für eine Stellungnahme zu den Gründen für die Trennung nicht zu erreichen. Kamouss bestätigte den Rauswurf auf Anfrage dagegen. Zu den Gründen wollte aber auch er sich nicht äußern. Nach Informationen der Berliner Morgenpost hatte die Moscheeleitung sich über den Medienrummel nach der verunglückten Talkshow von Günther Jauch vor wenigen Wochen geärgert und von Kamouss verlangt, auf weitere Medienauftritte zu verzichten. Der Prediger soll das dem Vernehmen nach aber abgelehnt haben.
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Um sich Gehör zu verschaffen, ist Kamouss auf die al-Nur-Moschee nicht angewiesen. Denn er predigt auch in anderen islamischen Gebetshäusern, etwa der Teiba-Moschee in Spandau, dem "Islamischen Kultur- und Erziehungszentrum" (IKZ) in Neukölln oder in der Bilal-Moschee und dem "Islamischen Zentrum für Dialog und Bildung" (IZDB) in Wedding.
Ansprache zum Gaza-Krieg brachte Kamouss Ermittlungsverfahren ein
Trotzdem, der al-Nur-Moschee verdankt er seinen Aufstieg zu einem der zwischenzeitlich populärsten Imame der deutschen Salafisten-Szene. Seinen "Sonntagsunterricht" besuchten regelmäßig mehr als hundert meist jugendliche Zuhörer. Zu von ihm mitorganisierten mehrtägigen Islamseminaren in dem Gebetshaus, das in einem Industriegebiet an der Haberstraße liegt, versammelten sich sogar mehr als tausend Teilnehmer.
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Kamouss ist umstritten. Bis vor einigen Jahren warnte er in seinen Predigten regelmäßig vor der sündhaften und verdorbenen westlichen Welt der "Ungläubigen" und äußerte sich mehrdeutig zu der Frage, welche Bedeutung drakonische Scharia-Strafen für deutsche Muslime haben sollten. Eine Ansprache zum Gaza-Krieg im Jahr 2009 brachte ihm ein Ermittlungsverfahren ein. Es wurde aber eingestellt, weil es für den Vorwurf der Volksverhetzung keine Belege gab.
Der Berliner Verfassungsschutz nannte Kamouss in seinem Jahresbericht für 2010 mit vollem Namen als einen der wichtigsten Vertreter des Salafismus. Die Verwaltung des damaligen Innensenators Ehrhart Körting (SPD) lobte dagegen bereits damals, dass seine Beiträge für Präventionsprojekte gegen Gewalt "sehr wertvoll" seien.
Im radikalen Teil der Szene machte sich der Prediger viele Feinde
Der Gewalt im Namen der Religion hatte Kamouss schon früh eine klare Absage erteilt. Die Klarstellung schien ihm notwendig zu sein. Denn aus dem Kreis seiner Zuhörer waren einige wenige ins afghanisch-pakistanische Grenzgebiet gereist, wo sie sich einer Terrororganisation angeschlossen hatten. Kamouss stellte daraufhin in einer Predigt im Jahr 2009 klar, dschihadistisch orientierten Salafisten keinen Nährboden bieten zu wollen. In den kommenden Jahren distanzierte er sich immer stärker vom Salafismus und schlug versöhnliche Töne an. Im radikalen Teil der Szene machte er sich damit viele Feinde. Zuletzt verurteilte er in scharfer Form die Gräueltaten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS).
Der wichtigste deutschsprachige Propagandist des Islamischen Staates, der ursprünglich als Gangster-Rapper "Deso Dogg" bekannt gewordene Berliner Denis Cuspert, gehörte früher ebenfalls zu den Anhängern des Imam. Als Cuspert sich, noch vor seiner Ausreise nach Syrien, jedoch zunehmend radikalisierte, distanzierte sich Kamouss von seinem einstigen Zögling. In einer Predigt in der al-Nur-Moschee sagte er im Sommer 2012, dass Cuspert "jetzt nur falsche Dinge tut".
Imam war bei Jauch nicht zu stoppen
In der Talkshow von Günther Jauch betonte Abdul Adhim Kamouss, dass er Jugendliche, die für andere Prediger nicht erreichbar seien, davon abhalten könne, sich zu radikalisieren. Er wehrte sich außerdem dagegen, die Rolle des radikalen Islamisten einzunehmen. Kritik zog er vor allem durch seinen ungezügelten Redefluss auf sich. Der ebenfalls eingeladene Bundestagsabgeordnete Wolfgang Bosbach (CDU) sagte im Anschluss an die Sendung, es sei "leichter, die Niagarafälle trockenzulegen, als diesen Imam zu stoppen".
Und Neuköllns Bürgermeister Heinz Buschkowsky (SPD), der bekannte, noch nie mit einem salafistischen Imam gesprochen zu haben, sagte: "Können Sie jetzt mal die Backen halten?"