Mailand. Stundenlang verhandelt die Kanzlerin mit dem Kremlchef über einen Ausweg aus der Ukraine-Krise. Doch ihr Gegenüber bleibt hart. Auch ein russisch-deutscher Sprachmix kann nicht helfen. Die Kanzlerin wollte den Inhalt einer zweiten Verhandlungsrunde zunächst nicht kommentieren.

Schon die Sitzordnung war vielsagend: Als die Spitzenrunde zur Ukraine-Krise im Palazzo der Präfektur von Mailand zusammenkam, nahm Kanzlerin Angela Merkel demonstrativ links neben dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko Platz. Kremlchef Wladimir Putin, den die Europäer wegen des festgefahrenen Konflikts ins Gebet nehmen wollten, wurde am Freitagmorgen unter prunkvollen Kronleuchtern vom französischen Präsident François Hollande und dem Gastgeber eingerahmt, Italiens Ministerpräsident Matteo Renzi.

Was genau an dem runden Tisch mit der bordeauxroten Decke besprochen wurde, blieb unklar. Doch ein paar Stunden nach dem Treffen ist klar: Merkel und die anderen mächtigen Europäer hatten Putin nicht von seinem Konfrontationskurs abbringen können. Sie könne keinerlei Durchbruch erkennen, stellt die Kanzlerin am Mittag ernüchtert fest.

Festgefahrene Fronten

Kurz davor hatte Putin erkennen lassen, was er vom Verlauf der Gespräche hält - wenig bis nichts. Kremlsprecher Dmitri Peskow verkündete: "Einige Teilnehmer des Mailänder Frühstücks zeigten keinen großen Willen, die Lage in der Ukraine objektiv zu erörtern" - und kritisierte ohne Namen zu nennen eine "absolut voreingenommene" Haltung bei einigen von ihnen.

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Direkt im Anschluss an das Spitzentreffen hatte der italienische Regierungschef Matteo Renzi wohl etwas zu optimistisch vor Fernsehkameras von einem "Schritt nach vorne" und dem echten Willen, eine Lösung zu finden, erzählt.

Schon in der Nacht hatte sich abgezeichnet, dass vom morgendlichen Meeting kaum ein Durchbruch zu erwarten sein würde. Zu festgefahren sind die Fronten. Zweieinhalb Stunden hatte Merkel bis gegen 1.30 Uhr mit Putin um Fortschritte gerungen.

Kremlchef blieb hart - Kanzlerin ziemlich genervt 

Mal auf deutsch, mal in einem Sprachmix und mal ganz auf russisch, wie oft bei den Unterhaltungen der Deutschen mit dem Russen, hatte die Kanzlerin schon da versucht, Putin die Bedeutung der am 7. Dezember anstehenden Lokalwahlen in den Regionen Donezk und Lugansk klar zu machen. Für Merkel ist das Thema ein zentraler Punkt, mit dem Putin die Ernsthaftigkeit seiner Bemühungen um eine friedliche Lösung nachweisen kann.

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Doch der Kremlchef blieb hart - auch bei diesem Punkt habe es keine Lösung gegeben, musste eine ziemlich genervte Kanzlerin einräumen. Zentraler Streitpunkt zwischen Putin und Poroschenko dabei ist, ob die Wahlen nach ukrainischem Recht abgehalten werden oder ob die prorussischen Separatisten sie organisieren dürfen.

Auch bei anderen Themen wie dem Einsatz unbemannter Drohnen zur Grenzüberwachung unter Federführung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) gab es nur Fortschritte in Zwergenformat. Russland habe hier aber immerhin Offenheit gezeigt und sei "gegebenenfalls auch bereit, sich an solchen Missionen zu beteiligen", sagt Merkel - womit sogar Poroschenko unter Bedingungen einverstanden sein soll.

Ukraine-Krise belaste Russland, Europa und die ganze Welt 

Ein Streitpunkt beim Drohnen-Thema dreht sich darum, wer die von den unbemannten Flugkörpern aufgenommen Überwachungsbilder wann nutzen darf. Für Poroschenko scheint es eine Grundsatzfrage zu sein, Aufnahmen nutzen zu können, die über seinem Territorium gemacht wurden. Nach den bisherigen Regeln gehen die Bilder an die OSZE, die sie nach 24 Stunden an ihre Mitgliedsstaaten weitergeben kann.

Laut Merkel geht es bei dem Drohneneinsatz zur Zeit weniger um die russisch-ukrainische Grenze, sondern um die Markierungslinie, mit der das Territorium der Gebiete Donezk und Lugansk abgesteckt wird. Dort sollen die Lokalwahlen stattfinden.

Die Kanzlerin hält trotz immer neuer Rückschläge an den Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten fest. Direkt nach dem Ende des europäisch-asiatischen Gipfels, wegen dem sie eigentlich in der norditalienischen Stadt war, traf sie am Freitagnachmittag erneut Putin und Poroschenko. Diesmal gemeinsam mit dem französischen Präsidenten François Hollande. Auch ihm ist eine Lösung der Ukraine-Krise besonders wichtig. Sie belaste das Land selbst, Russland, Europa und die ganze Welt. (dpa)