Kobane/Ankara. In der syrischen Grenzstadt Kobane eskalieren die Kämpfe zwischen Kurden und Dschihadisten. Die Türkei will derzeit keine Bodentruppen schicken. Und Damaskus warnt vor der Einrichtung einer Pufferzone.

Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) erobert trotz heftiger kurdischer Gegenwehr weitere Viertel der Stadt Kobane und rückt immer näher an die türkische Grenze heran. Am Donnerstag meldete die syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte, dass die Dschihadisten etwa ein Drittel der Ortschaft erobert hätten.

Ein dpa-Korrespondent sagte am Nachmittag, es gebe Gefechte sehr dicht an der Grenze. Die Regierung in Ankara sprach sich dennoch gegen einen Alleingang mit Bodentruppen gegen die Extremisten im Nachbarland aus. Syriens Regierung warnte die internationale Anti-IS-Koalition derweil vor der Einrichtung einer Pufferzone.

Türkei will nicht alleine Bodentruppen schicken

Der türkische Außenminister Mevlüt Cavusoglu erneuerte nach einem Treffen mit dem neuen Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Ankara die türkische Forderung nach einer Schutz- und einer Flugverbotszone in Syrien. In einem solchen Gebiet zwischen Syrien und der Türkei sollen Flüchtlinge Unterschlupf finden können. Außerdem müsse der Sturz des syrischen Machthabers Baschar al-Assad Teil der Strategie gegen den IS sein, betonte Cavusoglu.

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Trotz des drohenden Falls der Stadt Kobane sprach er sich dagegen aus, dass die Türkei alleine mit Bodentruppen IS vorgeht. "Dass nur die Türkei ganz alleine eine Bodenoperation unternimmt, ist kein realistischer Ansatz."

Stoltenberg sagte, die Türkei sei ein wichtiger Nato-Partner. Der IS sei nicht nur eine Bedrohung für Syrien und den Irak, sondern für die Region und für Nato-Staaten. "Die Nato steht bereit, alle Alliierten dabei zu unterstützen, ihre Sicherheit zu verteidigen." Er verwies dabei auf die Patriot-Raketen auch der Bundeswehr in der Türkei zum Schutz gegen Luftangriffe aus Syrien.

Syrien ist gegen eine Pufferzone zur Türkei

Syriens Regierung wandte sich mit scharfen Worten gegen die Einrichtung einer Pufferzone. Vize-Außenminister Faisal al-Mekdad kritisierte nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Sana dabei vor allem Frankreich, nachdem Paris die Idee Ankaras unterstützt hat. Damaskus wertet das nach Sana-Angaben als Angriff auf die Souveränität und territoriale Integrität Syriens.

Sollten die IS-Dschihadisten die ganze Stadt Kobane erobern, hätten sie einen langen, durchgängigen Grenzstreifen zum Nato-Land Türkei unter ihrer Kontrolle.

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Laut der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte übernahmen die IS-Dschihadisten unter anderem ein Hauptquartier der kurdischen Polizei im Nordosten der Stadt. Das Gebäude sei am Vortag mit einem mit Sprengsätzen bestückten Lastwagen angegriffen worden, hieß es. IS-Kämpfer waren am Montag erstmals in die strategisch und für Kurden symbolisch wichtige Stadt einmarschiert. In Syrien und Irak haben sie seit Juni in weiten Landstrichen die Macht inne.

Militärchefs der Koalition beraten über weiteres Vorgehen

Die Militärchefs der Koalition zum Kampf gegen IS wollen nun bei einem Treffen auf höchster Ebene über ihre Strategie im Irak und in Syrien diskutieren. Dazu habe US-Generalstabschef Martin Dempsey mehr als 20 seiner Kollegen eingeladen, sagte ein Angehöriger des US-Militärs der Nachrichtenagentur dpa.

Die Gespräche sollen kommenden Montag mit einem gemeinsamen Abendessen beginnen und am Dienstag am Militärstützpunkts Andrews bei Washington fortgesetzt werden. Es sei das erste Treffen auf dieser Ebene seit Beginn der Luftschläge im Irak Anfang August, sagte der Militärangehörige. Um den Fall Kobanes mit einem Strategiewechsel zu verhindern, könnte es bei dem Treffen allerdings schon zu spät sein.

Ein vor wenigen Tagen von Al-Kaida-Anhängern in Syrien verschleppter Franziskaner-Pater und einige Gemeindemitglieder wurden nach Kirchenangaben derweil von den Entführern wieder freigelassen. Allerdings stehe Pater Hanna Dschalluf in einem Kloster der syrischen Ortschaft Kunaja unter "Hausarrest", erklärte die "Kustodie Heiliges Land" auf ihrer Webseite.

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Das Presseorgan der Päpstlichen Missionswerke, Fides, berichtete, dies sei nach Aussage von Beobachtern von einem islamischen Gericht veranlasst worden. Was dies genau bedeutet, konnte zunächst niemand sagen. In der Nacht zum Montag hatten mutmaßliche Anhänger des Al-Kaida-Ablegers Al-Nusra-Front die Christen aus Kunaja verschleppt. (dpa)