Kobane. In der Nacht rückten IS-Kämpfer bis auf 200 Meter an Kobane heran - doch kurdische Kämpfer konnten die Angreifer zurückschlagen. Nun soll ein Strategiewechsel Kobane dauerhaft schützen. Auf militärische Hilfe gegen den IS müssen die Kurden in Kobane allerdings vorerst verzichten.

Die türkische Regierung hat den Kurden in Kobane Unterstützung zugesagt. Einen schnellen Einsatz von Bodentruppen gegen die Terrormiliz IS in der umkämpften syrischen Stadt stellte Ankara aber nicht in Aussicht. "Wir werden alles nur Mögliche unternehmen, um den Menschen in Kobane zu helfen", sagte Ministerpräsident Ahmet Davutoglu dem US-Sender CNN. "Bodentruppen zu schicken ist aber natürlich eine andere Entscheidung." Wenn man in Kobane eingreife, müsse man in ganz Syrien intervenieren. "Wir arbeiten jetzt mit den Mitgliedern der Koalition daran, was als nächstes gegen Isis (IS) zu tun ist - nicht nur in Kobane."

Syrischer Kurdenpolitiker: "Die Welt schweigt" zu Kobane

Der syrische Kurdenpolitiker Salih Muslim hat der Internationalen Gemeinschaft Versagen beim Schutz der von der Terrormiliz IS bedrohten Stadt Kobane vorgeworfen. "Die Welt schweigt" angesichts des drohenden Massakers, kritisierte der Ko-Präsident der syrischen Kurden-Partei PYD nach Angaben der kurdischen Agentur Firat am Montag. Die Luftangriffe der USA und ihrer Verbündeten auf IS-Extremisten in der Umgebung von Kobane reichten nicht aus. "Wenn es den USA ernst wäre, könnten sie sie innerhalb kurzer Zeit zurückschlagen."

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Muslim kritisierte, niemand unterstütze die kurdischen Volksschutzeinheiten, die Kobane gegen IS verteidigten. "Wir wollen Waffen, aber sie würden sie uns nicht einmal verkaufen." Der Politiker rief alle Kurden dazu auf, sich umgehend dem Kampf anzuschließen. "Wer immer handeln wird, sollte das jetzt tun." Die Volksschutzeinheiten (YPG) gelten als bewaffneter Arm der PYD und als Verbündete der in der Türkei verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Die Agentur Firat steht der PKK nahe.

Kurden schlagen Zwei-Fronten-Attacke des IS zurück 

Kurdische Kämpfer haben in ihrer nordsyrischen Enklave Kobane einen neuen Eroberungsversuch der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) abgewehrt. Die Extremisten seien in der Nacht bis auf 200 Meter an Kobane (arabisch: Ain al-Arab) herangekommen, sagte Rami Abdel Rahman von der syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte der dpa am Montag. Kurdische Volksschutzeinheiten (YPG) hätten die Angreifer jedoch nach heftigen Kämpfen zurückdrängen können. 19 Kurden und mindestens 29 IS-Extremisten seien dabei getötet worden.

Die YPG-Einheiten gingen jetzt von "Defensive auf Angriff über", sagte der Chef der selbst ernannten Regionalregierung von Kobane, Anwar Muslim, der dpa. Mittlerweile würden 5000 Kurden in Kobane kämpfen. Auch die IS-Miliz erhielt nach Medienberichten vom Sonntag im Kampf um Kobane Verstärkung aus anderen Regionen.

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"Unsere Kämpfer haben sich auf diesen Kampf vorbereitet", sagte Muslim. Als Beispiel nannte er den ersten Selbstmordanschlag einer Kurdin auf IS-Kämpfer südlich von Kobane. Die YPG-Kämpferin soll am Sonntagabend Dutzende IS-Extremisten mit in den Tod gerissen haben. Nach Angaben der YPG hatte sie sich in das vo IS beherrschte Gebiet nahe des Mischanur-Hügels geschlichen und einen Sprengsatz gezündet. 16 IS-Kämpfer seien dabei getötet worden.

Kämpfer des Islamischen Staates (IS) haben allerdings nach Angaben der Kurden am Montagmittag ein erstes Haus am Rand der umkämpften syrischen Stadt Kobane erreicht. Es handele sich um ein einzelnes Gehöft östlich der kurdischen Enklave, sagte Anwar Muslim, der Chef der selbsternannten Regionalregierung von Kobane der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die kurdischen Volksschutzeinheiten (YPG) starteten einen Gegenangriff. (dpa)

IS-Dschihadisten griffen erneut die größte Ölraffinerie des Irak an 

Auch im benachbarten Irak gingen die Kämpfe gegen Einheiten des IS weiter. 20 Kämpfer der Extremisten seien am Sonntag bei Luftangriffen des von den USA angeführten Bündnisses westlich der nordirakischen Stadt Mossul ums Leben gekommen, berichteten Augenzeugen der Nachrichtenagentur dpa. Zwölf weitere Extremisten seien bei Gefechten mit der irakischen Armee nahe Baidschi getötet worden, hieß es aus den Sicherheitskräften. Die IS-Dschihadisten hätten am Sonntag erneut die größte Ölraffinerie des Irak angegriffen, seien jedoch zurückgeschlagen worden.

In Syrien versuchen IS-Dschihadisten seit Tagen verstärkt, Kobane einzunehmen. Nachdem IS-Kämpfer vor knapp drei Wochen mehr als 300 Dörfer im Umland von Kobane eingenommen hatten, flüchteten nach Angaben der türkischen Regierung mehr als 160 000 vor allem kurdische Syrer in die Türkei.

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Geschosse schlagen auf türkischem Boden ein

Am Wochenende war es zu den bisher heftigsten Gefechten um die Enklave gekommen. Nach Angaben der YPG waren insgesamt 97 IS-Extremisten und 20 kurdische Kämpfer getötet worden. IS-Milizen hatten am Südhang des Mischtanur-Hügels Panzer in Position gebracht. Die Truppen der YPG hielten die der Stadt zugewandte Nordseite.

Immer wieder schlagen Geschosse aus der umkämpften syrischen Region auf türkischem Boden ein. Am Montag habe eine Mörsergranate ein Haus im Grenzdistrikt Suruc getroffen, berichtete die Nachrichtenagentur DHA. Es habe aber keine Verletzten gegeben. Die Nachrichtenagentur Anadolu meldete, türkische Behörden hätten wegen des wiederholten Granatenbeschusses die Evakuierung von drei Grenzdörfern angeordnet. Außerdem seien die Schulen in der Umgebung geschlossen worden. (dpa)

Libysche Islamisten suchen Nähe zur IS-Miliz 

Anhänger des islamistischen Schura-Rates der Jugend des Islams in Libyen haben zur Unterstützung der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) aufgerufen. Bei einer Militärparade in Derna am Sonntag habe sich die Miliz als "Brigade des Kalifenstaates" präsentiert und in Libyen die Errichtung eines Staates ohne "die Grundlagen der Ungläubigkeit" gefordert, berichtete die libysche Nachrichtenseite Al-Wasat am Montag.

Der Schura-Rat der Jugend des Islams hatte sich im April gegründet und zunächst als Anhänger der Terrororganisation Al-Kaida präsentiert. Er beherrscht die ostlibysche Hafenstadt Derna rund 150 Kilometer westlich der Tobruk. In Tobruk tagt das weitestgehend machtlose libysche Parlament. Libyen befindet sich seit Monaten in schweren Auseinandersetzungen verfeindeter Milizen und Islamistengruppen.

Nach Berichten von Al-Wasat sucht auch die Miliz Ansar al-Scharia die Nähe zum IS. Die aus Rebellenverbänden hervorgegangene Islamistenmiliz aus Bengasi wolle einen libyschen IS-Ableger errichten und sich als "Tochter" des Kalifats bezeichnen. Der Islamische Staat kämpft in Syrien und im Irak und bezeichnet die von ihm eroberten Gebiete - je rund ein Drittel der beiden Ländern - als "islamisches Kalifat". (dpa)