Washington. Barack Obama hat eine geplante Anordnung zur Änderung von Einwanderungsbestimmungen auf die Zeit nach der Kongresswahl verschoben. Er zieht damit seine erst wenige Wochen alte Ankündigung zurück, Millionen von illegalen Einwanderern auf eigene Faust kurzfristig ein Bleiberecht in den USA zu geben.
Barack Obama läuft Gefahr, die immer wichtiger werdende Wähler-Gruppe der spanischsprachigen Einwanderer in Amerika dauerhaft zu vergrätzen. Überraschend verkündete das Weiße Haus am Wochenende, der Präsident ziehe seine erst wenige Wochen alte Ankündigung zurück, Millionen von illegalen Einwanderern auf eigene Faust kurzfristig ein Bleiberecht in den USA zu geben.
Frühestens nach den Kongresswahlen Anfang November sollen nun die seit vielen Jahren umstrittenen Einwanderungsgesetze reformiert werden, hieß es. Hintergrund: Etliche Demokraten, die im Senat und im Repräsentantenhaus in Washington zur Wahl stehen, fürchten, dass die Politik des Präsidenten sie entscheidende Stimmen aus dem Lager konservativer Nicht-Latino-Wähler in ihren Heimatstaaten kosten könnte. Die oppositionellen Republikaner lehnen es ab, den inzwischen als elf Millionen Illegalen in den USA, ohne die nach Expertenauffassung viele Wirtschaftszweige einbrechen würden, nachträglich Bürgerrechte zu gewähren.
Mit Präsidialverordnungen am Parlament vorbei agiert
Um die Blockade zwischen den beiden Parteien aufzubrechen, hatte Obama zuletzt mehrfach mit Hilfe so genannter Präsidialverordnungen am Parlament vorbei agiert. So legte er ein Programm auf, dass die Abschiebung von 500.000 Immigranten verhindert. Eine Entscheidung, die Obama bei den Wahlen 2012 viele Stimmen aus dem Latino-Lager einbrachte, der zahlenmäßig drittgrößten Bevölkerungsgruppe in den USA. Zuletzt verfolgte das Weiße Haus mit großer Zustimmung von Wissenschaftlern, Gewerkschaften und weiten Teilen der Wirtschaft diese Idee: Wer seit Jahren illegal in den USA lebt, Arbeit hat, nicht gravierend vorbestraft ist und sich an die Gesetze hält, darf mit einem dauerhaften Bleiberecht rechnen.
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Auf Druck seiner demokratischen Parteifreunde hat Obama den Plan vorläufig auf Eis gelegt. Ob es gegen Jahresende einen neuen Anlauf gibt, ist fraglich. Laut Umfragen werden die Demokraten im November voraussichtlich den Senat verlieren und wären damit in beiden Parlamentskammern in der Minderheit. Obama hätte dann für den Rest seiner Amtszeit bis Januar 2017 den kompletten Kongress gegen sich. „Ob er dann noch von seinen Sonder-Befugnissen Gebrauch machen würde, um die Misere der Einwanderer zu beenden, erscheint doch sehr zweifelhaft“, schreiben mehrere Zeitungen.
In Einwanderer-Kreisen hat Obamas Rückzieher schwere Verstimmungen ausgelöst. Christina Jimenez, Kopf der einflussreichen Latino-Lobby-Gruppe „United We Dream“, sagte, man werde „so schnell nicht vergessen“, dass Obama und die Demokraten wieder einmal versucht hätten, die Latino-Gemeinde für dumm zu verkaufen.