Bochum. . Vor 75 Jahren überfiel die Wehrmacht Polen. Der Bochumer Historiker Bernd Faulenbach äußert sich im Interview über die Frage der Kriegsschuld Deutschlands.
Über die Frage der Kriegsschuld sprach Walter Bau mit dem Zeithistoriker Professor Bernd Faulenbach von der Ruhr-Universität Bochum.
Beim Ersten Weltkrieg sehen viele Historiker inzwischen nicht mehr eine Alleinschuld Deutschlands. Gilt das auch für den Zweiten Weltkrieg?
Bernd Faulenbach: Nein, die Rolle des nationalsozialistischen Deutschlands ist eindeutig. Die Nazis haben mit dem Überfall auf Polen vor 75 Jahren diesen Krieg vom Zaun gebrochen. Der Verweis auf den Status von Danzig und auf den inakzeptablen polnischen Korridor war lediglich ein Vorwand für Hitler, um Polen niederzuwerfen. Er wollte die Ausdehnung des deutschen Machtbereichs Richtung Osten und die Hegemonie in Europa.
Welche Rolle spielte dabei Stalin, der ja mit Hitler einen Nichtangriffspakt abschloss?
Faulenbach: Natürlich hat der Pakt mit der Sowjetunion inklusive der im geheimen Zusatzabkommen vorgesehenen Aufteilung Polens Hitler beim Überfall auf Polen auch den Rücken freigehalten. Es gab da ein Einvernehmen zwischen den beiden Diktatoren. Aber die Vorbereitungen des Nazi-Regimes auf den Einmarsch liefen ja schon länger. Ich bin sicher, auch ohne diesen Pakt hätte Hitler Polen angegriffen.
Plante Hitler von Beginn an den umfassenden militärischen Konflikt, also auch mit den Westmächten?
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Faulenbach: Er hatte sicherlich keinen festen Plan mit klarer Schrittfolge. Auch hat er darauf spekuliert, dass England und Frankreich vor einem Krieg zurückschreckten. Aber Hitler war entschlossen, eine deutsche Hegemonie durch Eroberung von Lebensraum im Osten zu erreichen, was auf den Widerspruch der Westmächte, vor allem Englands, stoßen musste.