Düsseldorf. . Die Beamten in NRW sollen nun doch alle mehr Geld bekommen - nicht nur die unteren Gruppen. Für die Landesregierung eine hohe Belastung. Nicht alle sind einverstanden mit dem Kompromiss, die Richter sprechen gar von Taschenspielertricks. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Der erbitterte Streit um die Beamtenbesoldung in NRW ist vorerst beigelegt. Nach fünf Gesprächsrunden mit den Gewerkschaften entschied die rot-grüne Landesregierung am Freitag, ein nachgebessertes Besoldungsgesetz vorzulegen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Worauf hat Rot-Grün sich mit den Beamten verständigt?

Die Bezüge der rund 226 000 höheren Beamten in NRW sollen für die Jahre 2013 und 2014 um 1,5 Prozent angehoben werden. Zudem gibt es einen monatlichen Festbetrag von 30 Euro in 2013 und 40 Euro in 2014. Allerdings greift die Anpassung für die Beamten der Besoldungsstufen A11 und A12 nur für jeweils acht Monate, für die höheren Beamten ab A 13 sogar nur für jeweils vier Monate. Junge Beamte der unteren Besoldungsgruppen kommen vergleichsweise gut weg, die höheren Einkommen entsprechend schlechter. Die unteren Beamten bis einschließlich A10 hatten ohnehin für die beiden Jahre 5,6 Prozent mehr bekommen, so wie es der Abschluss für die Tarifbeschäftigten im öffentlichen Dienst vorsah.

Wer hat dabei gewonnen?

Beide Seiten mussten Kompromisse eingehen. Rot-Grün wollte im ersten Besoldungsgesetz die Beamten der Besoldungsstufen A11 und A12 mit jeweils einem Prozent abspeisen. Die höheren Beamten ab A13 sollten zwei Nullrunden hinnehmen. Das Verfassungsgericht kassierte Anfang Juli dieses Modell und forderte ein neues Besoldungsgesetz. Die Gewerkschaften hingegen wollten die Übertragung des Tarifergebnisses im Öffentlichen Dienst von 5,6 Prozent für 2013 und 2014 auf alle Staatsdiener.

Was bedeutet das für den Landeshaushalt?

Rot-Grün wollte mit der doppelten Nullrunde dauerhaft 700 Millionen Euro pro Jahr sparen. Die Personalkosten sind mit rund 40 Prozent ein zentraler Posten im Landesetat. Mit dem nachgebesserten Besoldungsgesetz können nur 220 Millionen Euro eingespart werden. Die Mehrkosten für den Besoldungsnachschlag betragen satte 430 Millionen Euro. Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wird nächste Woche einen Nachtragshaushalt vorlegen. Die geplante Neuverschuldung für dieses Jahr von etwa 2,4 Milliarden Euro dürfte erneut ausgeweitet werden.

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Ist der Rechtsstreit um die Beamtenbesoldung nun beigelegt?

Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), der Beamtenbund (DBB) und verschiedene Einzelgewerkschaften haben dem nachgebesserten Besoldungsgesetz zugestimmt und zugesagt, keine Einzelklagen von unzufriedenen Lehrern, Polizisten oder anderen Staatsbediensteten mehr zu unterstützen. Jedes Verwaltungsgericht in NRW kann jedoch einzelne Klagen von Beamten weiterhin dem NRW-Verfassungsgerichtshof oder dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorlegen.

Warum ist die Beamtenbesoldung überhaupt Gegenstand von Tarifverhandlungen?

Formal hat die Landesregierung mit den Gewerkschaften nur unverbindlich über ein neues Besoldungsgesetz gesprochen. „Wir verhandeln nicht“, stellte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) klar. Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, ein verfassungsrechtlich einwandfreies Gesetz zur „amtsangemessenen“ Vergütung der Beamten vorzulegen, die ja nicht streiken dürfen. Dennoch suchte das Land diesmal die enge Abstimmung.

Was sagen die Richter?

Der NRW-Richterbund verweigerte als einzige beteiligte Gewerkschaft die Unterschrift. Die Vereinigung der Verwaltungsrichter warf Rot-Grün sogar „Taschenspielertricks“ vor, da die Gehaltserhöhung weit hinter den 5,6 Prozent des übrigen öffentlichen Dienstes zurückbleibe. Es herrscht Unverständnis in der Richterschaft, dass DGB-Chef Andreas Meyer-Lauber über ein „Ergebnis, das sich sehen lassen kann“ jubelte und Beamtenbund-Chef Roland Staude eine „Attraktivitätssteigerung des Öffentlichen Dienstes“ beklatschte.

Was kritisiert die Opposition?

CDU-Chef Armin Laschet hält Ministerpräsidentin Kraft seit Monaten vor, dass sie zu spät das Gespräch mit den Gewerkschaften gesucht habe und gegen jeden Expertenrat in eine verfassungsrechtliche Niederlage gelaufen sei. „100 000 Widersprüche und der damit verbundene Aufwand für Verwaltung und Gerichte wären nicht notwendig gewesen.“