Gaza/Tel Aviv. Der Gaza-Konflikt verschärft sich. Nach einer entsetzlichen Bombennacht, die die Bewohner in Angst und Panik versetzt hat, wurde am Dienstagvormittag das einzige Kraftwerk abgeschaltet. Der Westen fordert eine sofortige, bedingungslose Waffenruhe.
Ungeachtet aller Appelle für eine Waffenruhe hat Israel in der Nacht und am Dienstagvormittag massiv Ziele in Gaza bombardiert. Nach Augenzeugenangaben wurde Gaza mit Artillerie, von Kriegsschiffen und aus der Luft bombardiert. Nach Fernsehberichten erhellte Leuchtmunition den Nachthimmel, Drohnen sondierten das Terrain.
Das einzige Kraftwerk im Gazastreifen steht Medienberichten zufolge nach einem israelischen Angriff in Flammen. Die Feuerwehr bemühe sich um eine Eindämmung des Brands, berichteten palästinensische Nachrichtenagenturen am Dienstag.
Ein Repräsentant des Kraftwerks sagte der Nachrichtenagentur "Maan", eine israelische Granate habe einen Treibstofftank getroffen und damit den Großbrand ausgelöst. Eine andere Granate habe eine Turbine getroffen. Bislang sei es den Feuerwehrleuten nicht gelungen, den Brand zu löschen. Eine Armeesprecherin in Tel Aviv teilte mit, man prüfe den Bericht.
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Das Kraftwerk erzeugt Strom für Haushalte, Betriebe, Krankenhäuser und Abwasserpumpen im Gazastreifen. Die 1,8 Millionen Einwohner des Küstenstreifens am Mittelmeer haben schon seit Jahren mit Stromsperren zu kämpfen. Seit Beginn der israelischen Offensive vor drei Wochen wurden die täglichen Stromabschaltungen noch länger.
Schon in der Vergangenheit musste das Kraftwerk wegen Treibstoffmangels immer wieder auch ganz abgestellt werden. Seit Ägypten den Schmuggel von Treibstoff in den Gazastreifen unterbunden hat, ist das Gebiet ganz von teureren Lieferungen aus Israel abhängig. Sie werden von der Palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland finanziert.
Israel bombadiert 150 Ziele in Gaza — Opferzahl steigt
Die israelische Armee hat nach dem Tod von zehn weiteren Soldaten ihre Angriffe im Gazastreifen deutlich verstärkt. In der Nacht zum Dienstag wurden nach Medienberichten rund 150 Ziele in dem Palästinensergebiet massiv bombardiert. Palästinensische Augenzeugen berichteten von Beschuss mit Artillerie, von Kriegsschiffen und aus der Luft. Sie sprachen von den bisher schwersten Angriffen seit Beginn der israelischen Offensive vor drei Wochen und einer Nacht "voller Horror, Angst und Panik".
In der israelischen Mittelmeermetropole Tel Aviv heulten zum ersten Mal mitten in der Nacht die Alarmsirenen und rissen die Einwohner aus dem Schlaf. Zwei Raketen seien nahe Rischon Lezion südöstlich von Tel Aviv eingeschlagen, teilte die Armee mit.
Am Dienstag sollte eine hochrangige palästinensische Delegation in Ägypten über eine Waffenruhe zwischen Israel und den militanten Palästinensern beraten.
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Bei israelischen Angriffen im Gazastreifen sind seit dem 8. Juli mehr als 1100 Menschen getötet und mehr als 6500 verletzt worden. Die meisten der Opfer seien Zivilisten, darunter Frauen und Kinder, teilten die Rettungskräfte mit.
Nach Angaben des israelischen Militärs vom frühen Dienstagmorgen starben bisher 53 israelische Soldaten. Drei Zivilisten kamen bei Angriffen militanter Palästinenser ums Leben.
Ungeachtet aller internationalen Appelle für eine Waffenruhe hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu eine Fortsetzung der Militäroffensive gegen die Hamas im Gazastreifen angekündigt. "Wir werden den Einsatz nicht beenden, bevor wir die Tunnel (der Hamas) zerstört haben", erklärte er am Montag in einer Fernsehansprache.
Haus von Hamas-Spitzenpolitiker Hanija getroffen
Bei einem der folgenden Raketenangriffe auf Gaza wurde nach palästinensischen Angaben auch das Haus des Hamas-Spitzenpolitikers Ismail Hanija getroffen. Hanija wurde 2006 Ministerpräsident in dem von der Hamas beherrschten Gazastreifen. Weder Hanija noch seine Familie seien zu Hause gewesen, berichtete der Hamas-Fernsehsender Al-Aksa. Am frühen Morgen wurde auch das Gebäude des Senders bombardiert.
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Im zentralen und südlichen Gazastreifen wurden am frühen Dienstag nach palästinensischen Angaben mindestens 16 Menschen getötet. 50 seien verletzt worden, berichteten Sanitäter und Augenzeugen.
Die israelische Armee hatte die Einwohner in Teilen des Gazastreifens am Montagabend aufgefordert, ihre Häuser sofort zu räumen und sich in das Zentrum von Gaza zu begeben. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon warnte in diesem Zusammenhang, die in Gaza arbeitenden UN-Organisationen hätten nicht die Ressourcen einen zusätzlichen riesigen Zustrom verzweifelter Menschen zu bewältigen oder ihnen Hilfe zu gewähren.
Am Montag und in der Nacht zum Dienstag wurden bei Kämpfen insgesamt zehn Soldaten getötet, wie die Armee mitteilte. Fünf seien nahe Nachal Os bei einem Gefecht mit militanten Palästinensern ums Leben gekommen, die durch einen Tunnel auf israelisches Gebiet vordrangen. Dabei sei auch der Versuch einer Entführung vereitelt worden, meldete der israelische Rundfunk. Vier weitere Soldaten wurden bei einem Mörsergranatenangriff getötet. Ein weiterer starb, als sein Bulldozer von einer Panzerabwehrrakete getroffen wurde.
Der Westen fordert sofortige, bedingungslose Waffenruhe
Führende westliche Nationen forderten eine sofortige, bedingungslose und humanitäre Waffenruhe. Zugleich äußerten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel, US-Präsident Barack Obama, Frankreichs Staatschef François Hollande, der britische Premier David Cameron und der italienische Ministerpräsident Matteo Renzi in einer Telefonkonferenz besorgt über das Risiko einer weiteren Eskalation. Auch der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hatte eine "sofortige und bedingungslose humanitäre Waffenruhe" zwischen Israel und der Hamas gefordert.
Die USA reagierten unterdessen verstimmt auf israelische Kritik an den Bemühungen von US-Außenminister John Kerry, eine Waffenruhe im Gaza-Konflikt zu vermitteln. In Washington sprach Außenamtssprecherin Jen Psaki verärgert von einer bewussten Desinformationskampagne aus Israel. "Aus unserer Sicht ist das einfach nicht die Art, wie Partner und Verbündete miteinander umgehen", sagte Psaki am Montag bei einer täglichen Pressekonferenz mit Journalisten. (dpa)