Berlin. Ausnahmsweise streitet sich die CSU mal nicht mit dem Rest der Republik über die Pkw-Maut - sondern mit sich selbst. Da kann sich auch der Koalitionspartner SPD Sticheleien nicht verkneifen. Und die Opposition erneuert ihre Forderung, die Pläne einzustampfen.

Der Vorstoß des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann (CSU), die Grenzregionen von der geplanten Pkw-Maut auszunehmen, stößt in der SPD auf Verständnis. Alle Bedenken gegen die Pkw-Maut müssten ernst genommen und sorgfältig geprüft werden, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, der SPD-Abgeordnete Martin Burkert, der "Passauer Neuen Presse" (Montag). "Wir müssen mit den Nachbarländern reden", forderte er. "Gerade beim Tourismus und beim Einkauf in den Grenzregionen drohen wirtschaftliche Einbußen."

Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) müsse den Bedenken Rechnung tragen. "Wenn er es nicht schafft, sind wir Sozialdemokraten die Letzten, die sich dem Ausstieg aus den Plänen für eine Pkw-Maut verweigern", sagte Burkert. In der "Welt" zeigte er sich erstaunt, wie Unionspolitiker gegen die Dobrindt-Pläne argumentieren. "Das sagt auch etwas über den inneren Zustand der Union aus."

Herrmann war für seinen Vorschlag von Parteichef Horst Seehofer zurückgepfiffen worden, beharrt aber darauf, darüber zu reden. Auch er befürchtet, dass die Wirtschaft, Geschäfte oder Restaurants zum Beispiel, in den Grenzregion nach Einführung der Maut Einbußen hinnehmen müssten.

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Der bayerische Innenminister, der auch für Verkehr zuständig ist, bekräftige in der "Süddeutschen Zeitung" (Montag): "Ich will die Maut. Wir müssen aber über solche Dinge reden, wenn wir jetzt den Feinschliff machen." In der EU sei es in vielerlei Hinsicht üblich, Sonderregeln für kleine Grenzverkehre festzulegen und für die Grenzbewohner Erleichterungen zuzulassen.

Seehofer warnt am Sonntagabend in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" davor, die Pläne schon vor dem Vorliegen des konkreten Gesetzentwurfs zu zerreden. "Alexander Dobrindt soll jetzt in aller Ruhe einen Gesetzentwurf ausarbeiten. Und wenn der auf dem Tisch liegt, macht es Sinn zu diskutieren", sagte der CSU-Chef.

Dobrindt plant für seine Pkw-Maut auf allen Straßen von 2016 an Vignetten, die Deutsche automatisch erhalten sollen - für die Kosten sollen sie über eine geringere Kfz-Steuer voll entlastet werden. Ausländische Fahrer müssten die Vignette kaufen.

Thomas Oppermann (SPD) sieht Dobrindt in der Pflicht

Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann sieht jetzt Dobrindt in der Pflicht. Dieser sei "gefordert, mit den Kommunen und Ländern eine Einigung zu erzielen", sagte er der "Braunschweiger Zeitung" (Montag). "Die Pkw-Maut ist ein Projekt der CSU." Die SPD fühle sich an die Vereinbarung im Koalitionsvertrag gebunden, jedoch müssten auch die dort genannten Voraussetzungen erfüllt sein.

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Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter sieht den Bundesverkehrsminister "gefangen in einer doppelten Falle". Wenn er die Ausländer nur auf der Autobahn zur Kasse bitten würde, käme im Verhältnis zu den Ausgaben kein Geld rein, sagte er der Mediengruppe "Straubinger Tagblatt/Landshuter Zeitung" (Montag). "Wenn jetzt aber alle Fahrten der Ausländer auf allen deutschen Straßen berücksichtigt werden würden, so wie es der Verkehrsminister plant, hätte man de facto eine Eintrittsgebühr nach Deutschland. Das würde letztendlich die Ökonomie aller Grenzregionen ganz schwer schädigen." Herrmanns Vorschlag "vergrößert allerdings das Bürokratie-Chaos".

Der Linke-Verkehrspolitiker Herbert Behrens nannte Herrmanns Vorstoß einen "weiteren Sargnagel für die Pkw-Maut". Die ständig wachsende Wunschliste für Ausnahmen mache das ohnehin schon komplizierte Ausländer-Maut-Konstrukt "noch alltagsuntauglicher". (dpa)