Madrid. . Spaniens konservative Regierung hat sich mit ihrer Sparpolitik bei den Wählern ziemlich unbeliebt gemacht. Die sozialistische Opposition kann davon jedoch bisher nicht profitieren. Sie steckt schon seit Jahren in einer schweren Krise. Nun soll es ein neuer Parteichef richten.
Mit einem Experiment wollen die spanischen Sozialisten (PSOE) die schlimmste Krise in der jüngeren Geschichte ihrer Partei überwinden. An diesem Sonntag (13. Juli) sollen zum ersten Mal nicht die Delegierten eines Parteitags, sondern die rund 200.000 Mitglieder einen neuen Parteichef wählen.
Die Partei, die Spanien unter den Ministerpräsidenten Felipe González (1982-1996) und José Luis Rodríguez Zapatero (2004-2011) die meiste Zeit seit dem Ende der Franco-Diktatur regierte, befindet sich in einem erbärmlichen Zustand. Sie stellt nur noch in zwei von 17 Regionen des Landes die Regierung und in kaum einer der größeren Städte den Bürgermeister. Sie verlor in 15 Jahren fast die Hälfte ihrer Mitglieder, erlitt bei der Parlamentswahl 2011 ihr schlimmstes Debakel und schnitt bei der Europawahl am 25. Mai mit 23 Prozent der Wählerstimmen noch schlechter ab.
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Dabei scheinen die Voraussetzungen für einen Erfolg der PSOE eigentlich günstig zu sein: Der konservativen Volkspartei (PP) von Ministerpräsident Mariano Rajoy laufen wegen der umstrittenen Sparpolitik die Wähler in Scharen davon; auf der PP lastet ein Parteispendenskandal, Rajoy und seine Minister sind in der Bevölkerung ziemlich unbeliebt.
Wird die Wahl zum Reinfall?
Der PSOE gelang es nicht, daraus politisches Kapital zu schlagen. Nach der Europawahl kündigte der bisherige Parteichef Alfredo Pérez Rubalcaba seinen Rücktritt an.
Ob die Wahl des Nachfolgers nun den erhofften Befreiungsschlag bringt, ist fraglich. Die drei Kandidaten versprechen einen Neubeginn in der PSOE, gehören aber nicht zur ersten Garnitur. Keiner von ihnen hatte jemals einen Ministerposten oder ein anderes führendes Amt inne. Als Favoriten gelten der Baske Eduardo Madina (38), derzeit Geschäftsführer der PSOE-Fraktion, und der Madrider Abgeordnete Pedro Sánchez (42), den in Spanien bis vor kurzem fast niemand kannte. Dem Hochschullehrer José Antonio Pérez Tapias (59), der dem linken Flügel angehört, werden allenfalls Außenseiterchancen eingeräumt.
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Die Parteiführung hatte eigentlich auf keinen der drei Bewerber gesetzt, sondern auf Susana Díaz, die Ministerpräsidentin der Region Andalusien. Die 39-Jährige war mit ihren Wahlerfolgen in der bevölkerungsreichsten Region des Landes zur Hoffnungsträgerin der PSOE aufgestiegen. Sie verzichtete jedoch auf eine Kandidatur, weil ihr das Regierungsamt in Andalusien wichtiger war. In der Parteizentrale herrscht nun die Befürchtung, dass viele PSOE-Mitglieder an der Wahl des Parteichefs gar nicht erst teilnehmen und die Abstimmung zu einem Reinfall wird.
Ein schwieriger Spagat für die PSOE
Die Wirtschafts- und Finanzkrise hatte in Spanien zur Folge, dass ein großer Teil der Wähler das Vertrauen in die beiden großen Parteien verlor. Bei der Europawahl erhielten die PP und die PSOE zusammen nur 49 Prozent der Stimmen, fünf Jahre zuvor waren es noch 81 Prozent gewesen.
Dagegen konnten die liberale Union für Fortschritt und Demokratie (UPyD) ihren Stimmenanteil verdoppeln und die von den Kommunisten dominierte Vereinte Linke (IU) ihren Anteil gar verdreifachen. Die nur drei Monate vor der Wahl gegründete Partei Podemos (Wir können), die aus der Protestbewegung der "Empörten" hervorgangen war, stieg aus dem Stand mit 8,0 Prozent zur viertstärksten Kraft auf.
Damit steht die PSOE vor einem schwierigen Spagat: Einerseits will sie in der politischen Mitte die Stimmen unzufriedener PP-Wähler gewinnen, andererseits hat sie auf der Linken in der IU und in Podemos eine starke Konkurrenz bekommen. Die PSOE hat wenig Zeit, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen: Im Frühjahr 2015 stehen Kommunal- und Regionalwahlen an, im Herbst 2015 wird ein neues Parlament gewählt. (dpa)