Jerusalem. . Nach einem der schlimmsten Gewaltausbrüche seit Jahren gehen in Nahost die Bemühungen um eine Entschärfung der gefährlichen Lage weiter. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu mahnte am Sonntag zu Zurückhaltung im Konflikt mit den Palästinensern.

Nach dem grausamen Mord an drei jüdischen und einem muslimischen Jugendlichen ist der Nahe Osten am Wochenende von einer Welle aus Hass und Gewalt überflutet worden. Auch rund um den Gazastreifen eskalierte die Lage. Manche fürchten den Ausbruch einer dritten Intifada. Andere meinen, der neue Aufstand der Palästinenser habe längst begonnen.

Die schlechten Nachrichten überschlugen sich am Wochenende und lieferten Juden und Arabern reichlich Anlass, einander zu hassen. Einer der Brennpunkte war Ostjerusalem: Nacht für Nacht lieferten sich hier arabische Jugendliche Straßenschlachten mit israelischen Sicherheitskräften. Anlass der Unruhen ist der Mord an Muhammad Abu Khdeir, einem 16 Jahre alten Jugendlichen aus dem gutbürgerlichen Stadtteil Schuafat. Er wurde vergangene Woche auf dem Weg zum Morgengebet in der Moschee von Unbekannten entführt und ermordet.

Details des Mordes heizten die Stimmung weiter an. So teilte der palästinensische Generalstaatsanwalt mit, die Autopsie habe Ruß in den Lungen und Atemwegen Muhammads gefunden. Dies sei ein Hinweis darauf, dass die Täter den Minderjährigen bei lebendigem Leib verbrannt hätten. Israels Polizei erklärte am Sonntag, sie habe sechs Tatverdächtige verhaftet. Dabei handelt es sich offenbar um eine jüdische Terrorzelle, die den Mord an den drei israelischen Teenagern rächen wollte. Palästinenser hatten vor drei Wochen drei jüdische Schüler verschleppt und ermordet.

Video heizte Konflikt an

Am Sonntag wurde zudem ein Video öffentlich, das den Konflikt weiter verschärfte. Das Video zeigt, wie Muhammads 15-jähriger Cousin Tarik während einer Demonstration nach der Beisetzung Muhammads von israelischen Grenzpolizisten verhaftet wird. Zwei uniformierte Beamte sind zu sehen, die den gefesselten, wehrlos auf dem Boden liegenden Jugendlichen immer wieder schlagen und treten. Am Sonntag verdonnerte ein Gericht den Jungen, dessen Gesicht deutliche Spuren der Polizeigewalt aufwies, zu neun Tagen Hausarrest wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt und Teilnahme an einer gewalttätigen Demonstration.

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Doch Tarik ist nicht nur Palästinenser, sondern auch amerikanischer Staatsbürger. Das US-Außenministerium schaltete sich ein und äußerte sich „zutiefst besorgt“ über das Verhalten der Beamten. Israels Justizministerin Zipi Livni ordnete eine eingehende Untersuchung des „sehr ernsten Zwischenfalls“ an.

Am Sonntag gab die Polizei zudem bekannt, einen weiteren Mordfall aufgeklärt zu haben. Demnach wurde eine 19 Jahre alte Jüdin am 2. Mai Opfer eines Attentats. Ein arabischer Taxifahrer habe sie in seinem Wagen mit 17 Messerstichen ermordet. Der Täter sei geständig und habe vermutlich aus „nationalistischen Beweggründen“ gehandelt, hieß es.