Berlin. . Brisantes Treffen in Berlin: Im Windschatten des WM-Viertelfinales zwischen Deutschland und Frankreich buhlt am Freitag Schwarz-Rot um die Zustimmung der Grünen zu Asylrecht und Ausländerpolitik. Grüne Spitzenpolitiker haben sich angesagt. Die Flüchtlingspolitik ist ein Identitätsthema.

Freitag, gegen 16 Uhr, wenn sich viele auf das WM-Viertelfinale einstimmen, findet unweit von der Berliner Fanmeile, im Kanzleramt, ein heikles Treffen statt. Typisch Peter Altmaier, ein Fußball-Fan ist der Kanzleramtschef nicht. Eingeladen sind Vertreter der Bundesländer, in denen die Grünen mitregieren. Es ist nicht ungeschickt, das Treffen im toten Winkel der WM anzusetzen. Die Große Koalition will ungestört um die Grünen buhlen. Ohne deren Zustimmung im Bundesrat ist die am Donnerstag beschlossene Verschärfung des Asylrechts nichts wert.

Union und SPD haben zwar eine erdrückende Mehrheit im Parlament, in der Länderkammer aber kommen sie nicht auf die nötigen 35 Stimmen. Die Grünen, die sowohl mit der SPD regieren (etwa in NRW) als auch mit der CDU (in Hessen), können erzwingen, dass sich „ihre“ Regierungen im Bundesrat der Stimme enthalten.

Die Flüchtlingspolitik ist ein Identitätsthema. Für den Grünen-Abgeordneten Volker Beck ist es „zu pauschal“, wenn ganze Länder als sichere Herkunftsstaaten eingestuft werden. Genau das aber sieht das Gesetz für Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien vor, um Asylbewerber schneller abzulehnen. Fast jeder vierte Bewerber kommt aus diesen Staaten, die Anerkennungsquote liegt unter einem Prozent. Der Missbrauch ist offensichtlich. Aber: Es gibt auch Leute, die sich tatsächlich bedroht fühlen, zum Beispiel Roma. Die Grünen würden für solche Gruppen gern das Asylrecht erleichtern.

Flüchtlinge und Asylbewerber dürften schon nach 90 Tagen arbeiten

Sie möchten auch, dass Flüchtlinge einfacher in Deutschland einen Job aufnehmen können. Da kommt ihnen der Innenminister auf halber Strecke entgegen. Bisher müssen geduldete Flüchtlinge und Asylbewerber neun, teils zwölf Monate warten. Mit dem neuen Gesetz wird ihnen erlaubt, schon nach 90 Tagen zu arbeiten. Dies gilt nur dann, wenn es für die Stelle keinen einheimischen Bewerber gibt. Diese Vorrangprüfung möchten die Grünen gern streichen.

Eingeladen sind Grüne aus NRW, Rheinland-Pfalz sowie aus Hessen und Baden-Württemberg, wo sich sogar Minister angesagt haben. Aus Hessen hat sich der starke Mann der Partei angemeldet: Tarek al-Wazir. Für die NRW-Grünen kommt eine ausgewiesene Kennerin der Materie, Monika Düker. Das Gesetz wird schwerlich schon nächste Woche im Bundesrat beraten. Angepeilt wird ein Termin nach der Sommerpause.

So lange „hängt“ auch die Reform der doppelten Staatsbürgerschaft, die am Donnerstag ebenfalls beschlossen wurde: Der Wegfall der Optionspflicht, eine Erleichterung für Ausländerkinder, die in Deutschland geboren sind. Sie sollen zwei Pässe behalten dürfen, den deutschen und den ihres Herkunftslandes.

Einigungssignale von den Grünen

Formal haben Asylrecht und Doppelpass nichts miteinander zu tun. Für die Union gibt es aber einen „politischen Zusammenhang“, wie Unions-Politiker Wolfgang Bosbach sagt. Am Montag hatte sich die Union noch gesträubt, die Regelung über den Doppelpass zur Abstimmung zu stellen. Sie wollte sicher sein, dass die Änderung des Asylrechts durchgeht. Dafür braucht man den Bundesrat, nicht aber für das Doppelpass-Vorhaben. Das behandelte die Union lange Zeit wie ein Faustpfand. Gestern gab sie es aus der Hand. Offenbar gibt es von den Grünen Einigungssignale.

Ob dem tatsächlich so ist, zeigt sich am Freitag ab 16 Uhr. Wenn sie sich beeilen, schaffen sie es bis zur Fanmeile. Anpfiff:18 Uhr.