Tel Aviv. Die seit mehr als zwei Wochen im Westjordanland vermissten israelischen Jugendlichen sind tot. Ihre Leichen seien unter einem Steinhaufen in der Nähe von Hebron gefunden worden. Die israelische Armee reagierte mit einem Luftangriff auf Ziele im Gazastreifen.

Die seit mehr als zwei Wochen im Westjordanland vermissten israelischen Jugendlichen sind tot. Ihre Leichen seien unter einem Steinhaufen auf einem Feld in der Nähe von Hebron gefunden worden, berichtete das israelische Fernsehen am Montag. Schüler einer nahe gelegenen Feldschule, die sich an der breit angelegten Suchaktion beteiligt hatten, seien auf den Steinhaufen unter einem Gebüsch aufmerksam geworden, hieß es in dem Bericht.

Israel beschuldigt die radikalislamische Palästinenserorganisation Hamas, hinter ihrer Entführung zu stehen. Die Jugendlichen seien offenbar schon kurz nach der Entführung erschossen worden, hieß es in dem Bericht. Die Jagd nach den mutmaßlichen Entführern dauere noch an. Der Geheimdienst hat zwei Hamas-Mitglieder als Tatverdächtige genannt.

Angriffe auf Gazastreifen

Gleichzeitig hat die israelische Luftwaffe laut Armeeangaben nach dem Beschuss mit palästinensischen Raketen in der Nacht zum Dienstag Angriffe gegen Ziele im Gazastreifen geflogen. Es seien "Präzisionsschläge" gegen 34 Ziele im Gazastreifen geführt worden, teilten die Streitkräfte am frühen Dienstagmorgen mit. Seit Sonntagabend sei Israel mit mehr als 18 Raketen beschossen worden.

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Augenzeugen im Gazastreifen berichteten, überall seien Explosionen zu hören gewesen. Sicherheitsleute der radikalislamischen Hamas erklärten, es seien mehr als 25 Luftangriffe innerhalb von weniger zehn Minuten gewesen. Augenzeugen sprachen von Dutzenden von Explosionen.

Ziele seien Militäreinrichtungen der Hamas und des Islamischen Dschihad gewesen. Die Einrichtungen seien in Erwartung israelischer Luftangriffe bereits vorher evakuiert gewesen. Auch von der See habe die israelische Marine den nördlichen Gazastreifen beschossen.

Ein Toter und vier Verletzte

Nach Angaben des medizinischen Dienstes im Gazastreifen wurden bei Chan Junis vier Menschen verletzt. Einer wurde vermisst. Im Westjordanland sei in der Nähe eines Flüchtlingslagers ein Mensch von der israelischen Armee getötet worden, berichtete das Onlineportal "Ynet" unter Berufung auf palästinensische Angaben.

Wenige Stunden vor den Luftschlägen waren die Leichen von drei vermissten israelischen Jugendlichen im Westjordanland gefunden worden. Palästinensische Extremisten feuerten nach der Attacke erneut Raketen auf Israel ab.

Beerdigung der israelischen Jugendlichen am Dienstag

Die israelischen Luftschläge kamen nach einer Sitzung des Sicherheitskabinetts unter Vorsitz von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, bei der über eine Reaktion auf die Leichenfunde beraten wurde. Die israelische Zeitung "Haaretz" berichtete unter Berufung auf einen hohen Beamten, das Sicherheitskabinett habe keine unmittelbare Entscheidung über harte Maßnahmen getroffen. Das Gremium werde am Dienstag nach der Beerdigung der drei Jugendlichen erneut zusammentreten, sagte der Beamte diesen Angaben zufolge.

Israel hatte der radikalislamischen Hamas eine harte Reaktion angedroht. Die Leichen wurden zweieinhalb Wochen nach ihrem Verschwinden unter einem Steinhaufen auf einem Feld nordwestlich von Hebron gefunden, wie die Armee bestätigte. Die Tat sorgte weltweit für Entsetzen.

Präsident Mahmud Abbas berief nach dem Fund der Leichen eine Dringlichkeitssitzung der Palästinenserführung für Dienstag ein. Dabei solle es um die Auswirkungen der jüngsten Entwicklungen gehen, berichtete die palästinensische Nachrichtenagentur "Wafa" am Montag.

Hamas streitet die Tat ab

Die Hamas beschuldigte ihrerseits Israel, den Tod der drei Jugendlichen für weitere Militäraktionen gegen die Palästinenser zu benutzen. "Wir weisen alle israelische Unterstellungen und Drohungen gegen uns zurück", hieß es in einer Erklärung der Hamas. Keine palästinensische Gruppe - auch nicht die Hamas - habe sich zu der Aktion bekannt. Israel wirft der radikalislamischen Palästinenserorganisation vor, hinter der Entführung der Jugendlichen am 12. Juni zu stehen.

Die Jugendlichen wurden offenbar schon kurz nach der Entführung erschossen. Ihre Leichen wurden nur wenige Kilometer entfernt von dem Ort gefunden, an dem sie zuletzt gesehen worden waren. Die Jagd nach den Entführern dauere noch an, berichteten israelische Medien. Der Geheimdienst hat zwei Hamas-Mitglieder als Tatverdächtige genannt. Nach Medienberichten drang die Armee am Montagabend in die Häuser von zwei Verdächtigten in Hebron ein. Laut palästinensischen Angaben, die "Haaretz" zitierte, sprengten die Soldaten die Gebäude, nachdem die Familien die Häuser verlassen mussten.

Obama spricht von "Terrorakt" und Merkel ist geschockt 

US-Präsident Barack Obama verurteilte die Ermordung der drei Jugendlichen im Alter von 16 bis 19 Jahren auf das Schärfste. Obama bezeichnete die Tat als "sinnlosen Terrorakt gegen unschuldige Jugendliche" und sprach den Familien der drei Teenager sein tiefstes Mitgefühl aus.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) reagierte "geschockt". "Es handelt sich um eine verabscheuenswürdige Tat, für die es keinerlei Entschuldigung geben kann", erklärte Merkel am Montagabend in Berlin. Ihr Mitgefühl gelte den Familien und Freunden der Jugendlichen.

"Papst Franziskus schließt sich dem unsagbaren Schmerz der Familien an, die von dieser mörderischen Gewalt getroffen wurden", erklärte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Montagabend in Rom.

"Heimtückischer Akt der Feinde des Friedens"

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte eine Kooperation der Ermittler. Er hoffe, israelische und palästinensische Behörden würden zusammenarbeiten, um die Täter so rasch wie möglich zu fassen, erklärte Ban in New York. Der Mord sei ein heimtückischer Akt der Feinde des Friedens und solle den Konflikt vertiefen und Misstrauen verstärken. "Das darf keinen Erfolg haben."

Der französische Präsident François Hollande und der britische Premier David Cameron verurteilten die Ermordung der drei Jugendlichen auf das Schärfste. Während Hollande von einem "feigen Mord" sprach, verurteilte Cameron den "entsetzlichen und unentschuldbaren Terrorakt". Frankreichs Außenminister Laurent Fabius sprach von einem "abscheulichen, feigen und barbarischen Verbrechen."

Dieter Graumann, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, zeigte sich "persönlich zutiefst schockiert". Er hoffe, dass die Entführer und Mörder der Jungen nun bald gefasst und ihrer Strafe zugeführt werden.

Radikale Israelis fordern "kompromisslosen Krieg" 

Rechtsorientierte israelische Abgeordnete forderten ein hartes Vorgehen gegen Hamas. "Dieses tragische Ende muss auch das Ende der Hamas sein", sagte Danny Danon von der Regierungspartei Likud. Er forderte eine Militäroperation und einen "tödlichen Schlag" gegen die Hamas. Auch Parlamentspräsident Juli Edelstein (Likud) sagte: "Israel muss einen kompromisslosen Krieg gegen den Terror im Allgemeinen und speziell gegen die Hamas führen." Wirtschaftsminister Naftali Bennett sagte: "Es gibt keine Gnade für Kindermörder." Der Vorsitzende der Siedlerpartei sagte zudem: "Dies ist eine Zeit für Taten, nicht für Worte."

Nördlich der Stadt Hebron seien starke Truppenverbände im Einsatz, berichtete der israelische Rundfunk am Montagabend. Es sei zu Schusswechseln mit Palästinensern gekommen. Es sei auch im Gebiet der Kleinstadt Chalchul zu gewaltsamen Konfrontationen zwischen der Armee und Palästinensern gekommen, hieß es. Die Stadt Hebron wurde abgeriegelt.

Seit dem Verschwinden der Jugendlichen auf dem Heimweg am 12. Juni hat die israelische Armee bei Razzien nach eigenen Angaben etwa 420 Palästinenser festgenommen, die meisten davon Hamas-Mitglieder.

Eskalation im Gazastreifen

Auch im Gazastreifen eskaliert die Gewalt. Israel und militante Palästinenser liefern sich dort einen immer heftigeren Schlagabtausch.

Militante Palästinenser feuerten am Montag knapp 20 Kleinraketen auf Israel ab. Polizeisprecher Mickey Rosenfeld sprach von einer "Rekordzahl" binnen zwölf Stunden seit dem letzten großen Schlagabtausch zwischen Israel und der Hamas im November 2012.

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Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sagte: "Wenn die Ruhe, die nach der Operation "Säule der Verteidigung" herrschte, durch Raketenangriffe gestört wird, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder die Hamas stoppt sie oder wir werden sie stoppen." Netanjahu hatte am Sonntag bereits mit einer Ausweitung der Einsätze im Gazastreifen gedroht.

Angriff auf Kassam-Briganden

Die israelische Luftwaffe hatte am Sonntag ein Mitglied der militanten Kassam-Brigaden getötet, der Miliz der Hamas. Nach Angaben der Armee war der Mann dabei, Raketen auf Israel abzufeuern. Hamas veröffentlichte anschließend eine Stellungnahme, nach der sie um das Mitglied der Kassam-Brigaden trauerte. In Israel wurde dies als Beweis gewertet, dass Hamas sich erstmals seit fast zwei Jahren wieder an Raketenangriffen beteiligt.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) forderte Israel zu einer Wiederaufnahme der Friedensgespräche mit den Palästinensern auf. Bei einem Besuch des israelischen Außenministers Avigdor Lieberman am Montag in Berlin bezeichnete Steinmeier die Lage im Nahen und Mittleren Osten als "Besorgnis erregend". "Ich hoffe, dass der Nahost-Friedensprozess nicht zu Ende ist", sagte Steinmeier. "Am Ende gibt es keine Alternative als eine Lösung am Verhandlungstisch." (dpa)