Essen. Gewitter “Ela“ ist längst abgezogen, doch die Probleme bei der Bahn sind noch längst nicht behoben. Was Pendler in NRW aber noch viel mehr umtreibt: Die Bahn schafft es nicht, zuverlässig über Ausfälle und Verspätungen zu informieren. Zudem fehlt es vielerorts an Ersatzbussen.
Von wegen Knotenpunkt. Weder Beschleunigungs- noch Bremsgeräusche stören die Stille auf dem Gleisvorfeld des Essener Hauptbahnhofs.„Unwetterschäden!!! Zugverkehr wird eingestellt!!!“ steht auf der großen Anzeigetafel in der Empfangshalle. Mit dreifachen Ausrufezeichen. Die Bahn lässt das Revier im Stich.
Gewitter „Ela“ ist an diesem Mittwoch zwar seit 36 Stunden abgezogen. Autobahnen an Rhein und Ruhr sind geräumt. Doch die Bahn, die auf der Achse Köln – Dortmund via Essen täglich 800 000 Kunden fährt, bleibt noch bis Freitag blockiert. Warum?
Bäume auf den Strecken
64 Störungen sind in der Sturmnacht in NRW identifiziert worden. Tatsächlich sind es mehrere hundert. Ein Bahner: „Wir fahren mit unserer Diesellok hundert Meter und stoßen auf den ersten Baum. Der wird zersägt und beseitigt. Wir fahren wieder hundert Meter. Da liegt der nächste“. Um 17 Uhr hat ein Hubschrauber die Pirsch nach Schadstellen aufgenommen. Noch warten – Stand Mittwochmittag – 16 eingeschlossene Züge auf die Befreiung.
Auch interessant
„Gegen diese Naturgewalten kann man sich nicht wappnen“, sagt Reiner Latsch, der Bahn-Bevollmächtigte für NRW. Das Lager der Fahrgastorganisationen zeigt – begrenztes – Verständnis. Lothar Ebbers von Pro Bahn NRW: „Der Sturm hat zur falschen Zeit am falschen Ort zugeschlagen.
Im Sommer, in dem die Bäume mit vollem Laubwerk mehr Oberleitungen einreißen als im Winter. Und dann hat er ausgerechnet die wichtigsten Strecken getroffen“. Sieben Teams sind mit dem Räumen beschäftigt. Ebbers sagt, dass das Staatsunternehmen zwar modernere Reparaturzüge beschaffte, dafür aber weniger und sie zentraler einsetzt als vorher. „Züge aus Niedersachsen kommen nicht ins Revier durch“.
Wenig Busse und Taxis
Für die am stärksten betroffenen Strecken rund um Düsseldorf und Essen hat die Bahn nach „Ela“ zu wenig Busse im „Schienenersatzverkehr“. Mal sind es nach eigenen Angaben fünf, mal acht. „Es ist schwierig, sie in ausreichender Zahl zu beschaffen“, sagt ein Sprecher. „Unregelmäßig“ kämen sie, ist eine Auskunft am Essener Bahnhof.
Auch interessant
Kritiker bemängeln, dafür habe die Bahn keine Reserve. Ob die helfen könnte, ist offen: Auch die Straßen sind dicht. Und der alternative Transport auf Taxischein hat gravierende Mängel. Bahnpersonal versucht zwar, das zu organisieren. „Drei Fahrgäste für Köln“ war eine der gängigen Lautsprecheransagen gestern.
Doch was nützen sie, wenn Taxis fehlen oder Taxifahrer die Scheine nicht annehmen?
Info-Wirrwarr
Die Bahn hat in den großen Bahnhöfen Personal aus ihren Büros rekrutiert, um genervten Kunden Auskunft zu geben. Es tut es bereitwillig – und oft so ahnungslos wie die elektronischen Info-Systeme. Deren Versagen in den Sturmstunden wird in Sozialen Netzwerken wie Facebook gerügt. Stefanie Henze, die von Essen-Steele nach Mülheim-Styrum wollte: „Um acht Uhr sollte eigentlich die S 1 wieder fahren, was bis jetzt nicht der Fall ist. Geschlagene zweieinhalb Stunden oben am Gleis“, klagt sie.
Auch interessant
Woran das liegt? Die Bahn ist im Mai vom Oberverwaltungsgericht (AZ 16 A 494/13) zur ordentlichen Fahrgastinformation verurteilt worden. Aber sie nutzt bundesweit unterschiedliche IT-Systeme, die – anders als im österreichischen „Railjet“ – nicht satellitengesteuert sind. Bei Großstörungen muss per Hand eingegriffen werden. Das dauert.
Der DB-Navigator auf Smartphones hat überdies andere Quellen zu Ausfall und Verspätung als die Anzeigetafeln. Folge: Widersprüchliche Informationen. Pro Bahn-Sprecher Ebbers kritisiert zudem, an Rhein und Ruhr sei das Personal für erklärende Bahnsteigdurchsagen reduziert worden. „Zugradar“ auf der Homepage der Bahn sei noch am zuverlässigsten.