Kiew/Moskau. Moskau und Kiew streiten weiter über den Preis russischer Erdgaslieferungen. Der ukrainische Energieminister Juri Prodan und sein russischer Kollege Alexander Nowak konnten sich in der Nacht zum Dienstag nicht einigen. Beide Seiten sind jedoch immerhin bemüht, kein Öl ins Feuer zu gießen.

Der Gasstreit zwischen Russland und der Ukraine unter Vermittlung der EU bleibt weiter ungelöst. Der ukrainische Energieminister Juri Prodan und sein russischer Kollege Alexander Nowak konnten sich in der Nacht zum Dienstag bei fast achtstündigen Verhandlungen in Brüssel nicht auf den Preis künftiger Erdgaslieferungen und auf die Begleichung ukrainischer Schulden für frühere Lieferungen einigen. "Leider haben wir keinen Schritt nach vorn gemacht", sagte Prodan. Der russische Minister Nowak sagte, dass bei der fünften Verhandlungsrunde das erste Mal überhaupt über Preise gesprochen worden sei.

Die Ukraine fordere für sich weiter einen Preis von 268,5 US-Dollar (195,64 Euro) je 1000 Kubikmeter Gas, sagte Prodan. Russland ist bereit, statt der vertraglich vereinbarten 485 US-Dollar unter Bedingungen einen Rabatt von rund 100 US-Dollar zu gewähren. "385 US-Dollar - das ist natürlich ein Niveau, das uns nicht passt, weil es zum heutigen Tag kein gerechter Marktpreis ist", erwiderte Prodan. Die Ukraine steht nach eigenen Angaben vor der Staatspleite und ist auf Kredite aus dem Westen angewiesen.

Gespräche werden fortgesetzt

EU-Energiekommissar Günther Oettinger, der bei den Verhandlungen vermittelte, sagte, die Gespräche würden entweder am Dienstagabend oder am Mittwochmorgen fortgesetzt: "Wir haben noch laufende Verhandlungen." Er fügte hinzu: "Alle Parteien bemühen sich, eine falsche Entwicklung zu vermeiden."

Russland hatte zum wiederholten Mal mit einem Lieferstopp für Erdgas gedroht, falls die Ukraine nicht ihre Schulden bis Dienstag (10. Juni) bezahle. Ein solcher Stopp könnte auch die Gasversorgung der EU, die zum großen Teil über das Transitnetz der Ukraine läuft, betreffen. Liefern will Russland dann nur noch gegen Vorkasse.

Gazprom ändert Verhandlungsposition

Oettinger sagte, Ukrainer und Russen müssten mit ihren jeweiligen Staatspräsidenten über den Stand der Verhandlungen sprechen. Die EU-Kommission habe "bestimmte Vorschläge gemacht, über die wir nachdenken werden", sagte Prodan. Die Ukraine halte daran fest, dass über den neuen Gaspreis und über die Begleichung alter Gas-Schulden in einem Paket entschieden werden müsse. Dem Vernehmen nach steht nun auch ein Preisvorschlag von 320 bis 330 US-Dollar je 1000 Kubikmeter im Raum. Das dürfte etwa der Preis sein, den auch EU-Kunden zahlen.

Der Chef des russischen Konzerns Gazprom, Alexej Miller, habe die Verhandlungsposition geändert und für die Preisfindung nun einen Mechanismus vorgeschlagen, der für die Ukraine nicht akzeptabel sei, sagte Prodan. Dieser Vorschlag habe darauf gezielt, den Preis aufgrund einer Verringerung der Ausfuhrzölle zu senken. "In einer solchen Situation wird der Preis durch Anordnungen der russischen Regierung geregelt. Jeden Moment kann eine solche Entscheidung geändert werden", sagte Prodan. "Wir wollen einen Mechanismus des gerechten Marktpreises", betonte er.

Der russische Energieminister Alexander Nowak betonte der Agentur Interfax zufolge, dass am Dienstag eine neue Frist für die Ukraine ablaufe, weitere Schulden in Höhe von zwei Milliarden US-Dollar zu begleichen. Dabei handelt es sich um Außenstände im Wert von 1,45 Milliarden US-Dollar für November und Dezember sowie um den Teilschuldenbetrag von 500 Millionen US-Dollar für die Monate April und Mai. Nowak bezeichnete die Verhandlungen als "lang und nicht feindselig". (dpa)