Luxemburg. Der mutmaßliche Attentäter im Jüdischen Museum in Brüssel ist ein radikaler Islamist mit Syrien-Erfahrung. Innenminister de Maizière warnt vor der Gefahr, die von solchen Rückkehrern ausgeht. Die EU will ihre Bürger schützen und Islamisten besser überwachen.
Nach dem Attentat im Jüdischen Museum in Brüssel will die EU schärfer gegen radikale Islamisten vorgehen. Die EU-Staaten wollen Verdächtige mit Kriegserfahrung in Syrien bei der Einreise nach Europa überwachen, Daten über gewaltbereite Kämpfer schneller austauschen und die Geheimdienste ihrer Länder enger kooperieren lassen. Auf diese Maßnahmen verständigten sich die EU-Innenminister nach Diplomatenangaben am Donnerstag in Luxemburg.
Man müsse Dschihadisten "im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten" an der Ausreise nach Syrien hindern und erkennen, wenn sie nach Europa zurückkämen, sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU). Auch der Austausch der Daten von Fluggästen in Europa sei notwendig. Konkrete Beschlüsse wollen die Minister Anfang Juli fassen.
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Das Thema wurde auch beim Gipfel der führenden westlichen Industriestaaten (G7) in Brüssel besprochen. Der britische Premier David Cameron sagte dort: "Wir haben vereinbart, unsere Maßnahmen zu intensivieren, um die Gefahr der ausländischen Kämpfer einzudämmen."
320 radikalisierte Syrer nach Deutschland eingereist
De Maizière warnte vor der Gefahr von Anschlägen durch Islamisten in Europa. Allein aus Deutschland seien rund 320 radikalisierte junge Menschen ins Bürgerkriegsland Syrien ausgereist, um in Terrorcamps zu trainieren. Das seien deutsche Staatsbürger, Menschen mit doppelter Staatsangehörigkeit oder auch Asylbewerber. Einige würden "kampferprobt und entschlossen" zurückkehren und Anschläge planen. "Darauf müssen wir uns einstellen", sagte der Minister und sprach von einer konkreten Gefahr. Wichtig sei, die Radikalisierung junger Menschen zu verhindern, damit "sie erst gar nicht auf diese merkwürdigen und mörderischen Ideen kommen."
Der europäische Anti-Terror-Beauftragte Gilles de Kerchove bezifferte die Zahl gewaltbereiter Islamisten mit Syrien-Erfahrung für die EU auf 2000. "Das ist eine verlorene Generation, die keinen Sinn im Leben sieht, schlecht ausgebildet ist und das Abenteuer sucht, ich spreche vom Testosteron-Faktor", sagte de Kerchove in Luxemburg.
Auch Österreich ist besorgt
Auch die österreichische Innenministerin Johanna Mikl-Leitner zeigte sich besorgt: "Welche Auswirkungen das haben kann, haben wir jetzt erst gesehen beim Anschlag in Brüssel, wo der Täter in Frankreich festgenommen wurde und wir wissen, dass er ein Jahr im syrischen Kampf war. Das macht uns Sorgen."
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Bei dem Anschlag Ende Mai in Brüssel waren zwei israelische Touristen und eine Französin getötet sowie ein Belgier schwer verletzt worden. Als Tatverdächtiger wurde ein 29-jähriger Franzose mit radikal-islamistischem Hintergrund festgenommen.
EU-Länder sollen mehr syrische Flüchtlinge aufnehmen
Die EU-Innenminister berieten auch über die wachsende Zahl von Flüchtlingen. Das Thema bleibt umstritten. Italien, wo besonders viele Migranten übers Mittelmeer ankommen, verlangt von den anderen Staaten mehr Unterstützung. Die italienische Marine rettete am Donnerstag erneut 443 Bootsflüchtlinge. Nach Zahlen der EU-Grenzschutzagentur Frontex wurden von Januar bis April an den Außengrenzen der EU rund 42 000 Flüchtlinge aufgegriffen - mehr als dreimal so viele wie im gleichen Zeitraum 2013. Die meisten stammten aus Syrien.
Minister de Maizière forderte die anderen EU-Länder auf, mehr syrische Flüchtlinge aufzunehmen: "Wir tun, was wir können, andere sollten mehr tun." Deutschland habe rund 40 000 Syrer seit Beginn des Bürgerkriegs aufgenommen. Verhandlungen mit den Bundesländern über weitere Kontingente gebe es in den nächsten Wochen.
EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström fordert von den EU-Staaten mehr Einsatz. "Ich bin überzeugt, dass die EU-Mitgliedsländer viel mehr tun müssen, um den Menschen, die vor Hunger, Elend und Gewalt aus ihren Heimatländern fliehen, zu helfen", sagte Malmström der "Welt". Entscheidungen dazu trafen die Minister bei dem Treffen nicht. (dpa)