Berlin. Bekommen die Aufklärungsbemühungen zum NSA-Skandal neuen Schub? Nun ermittelt der Generalbundesanwalt — zumindest wegen des abgehörten Telefons von Bundeskanzlerin Angela Merkel. Vielleicht weitet er die Ermittlungen noch aus.

Generalbundesanwalt Harald Range hat in der NSA-Affäre Ermittlungen wegen des abgehörten Handys von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begonnen. Damit ist der US-Geheimdienst nach monatelangen Prüfungen offiziell im Visier der Karlsruher Behörde.

Er habe den Rechtsausschuss des Bundestags darüber informiert, "dass ich ein Ermittlungsverfahren eingeleitet habe gegen unbekannt wegen geheimdienstlicher Agententätigkeit im Zusammenhang mit dem Abhören eines Mobiltelefons der Kanzlerin", sagte Range am Mittwoch in Berlin. Vorermittlungen hätten Anhaltspunkte erbracht, dass Angehörige US-amerikanischer Nachrichtendienste das Telefon ausgespäht hätten, teilte seine Behörde in Karlsruhe mit.

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Wegen der massiven Überwachung anderer Bürger behält sich Range Ermittlungen vor, wie er deutlich machte. Ein Verdacht auf Straftaten gibt es laut seiner Behörde derzeit nicht - trotz knapp 2000 Strafanzeigen. Das weitere Vorgehen hänge von möglichen neuen Erkenntnissen aus dem Verfahren wegen Merkels Telefon ab. Die Ermittlungen sollen dem Vernehmen nach unter anderem mit der Vernehmung von Zeugen beginnen. Außerdem will Range in seiner Behörde ein neues Ermittlungsreferat zu Cyberspionage einrichten.

"Öffentlichkeit muss sehen, dass wir nicht wehrlos sind"

Vertreter aller Fraktionen begrüßten die Ermittlungen. Die Ausschussvorsitzende Renate Künast (Grüne) sagte: "Ich glaube, dass es für einen Rechtsstaat wie Deutschland wichtig ist, dass die Öffentlichkeit sieht, dass wir nicht wehrlos sind." Die Rechte der Bürger müssten auch gegenüber ausländischen Geheimdiensten gewahrt werden.

Vor einer Woche hatten "Süddeutsche Zeitung", WDR und NDR berichtet, Range wolle auf ein Ermittlungsverfahren verzichten - aus Mangel an belastbarem Material. Daraufhin hatte es Kritik an seiner Behörde gehagelt. Wie es dann in den Medien hieß, setzte sich Range gegen erhebliche Bedenken in seinem Haus durch, um auf den öffentlichen Druck zu reagieren.

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Die Union erhob schwere Vorwürfe insbesondere gegen Vertreter der Grünen. Diese hätten versucht, Druck auf Range auszuüben - auch mit der Einladung in den Rechtsausschuss. "Wir haben heute einen Skandal des Rechtsstaats erlebt", sagte der CDU-Abgeordnete Patrick Sensburg. Die CDU-Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker kritisierte, Forderungen von Politikern an Range zur Aufnahme von Ermittlungen hätten den Eindruck erweckt, "dass seine Entscheidung nicht gänzlich frei ist". Range versicherte laut Sensburg im Ausschuss aber, dass er in der Sache unabhängig entschieden habe.

Dennoch kündigte Sensburg ein Nachspiel an. Range werde in den NSA-Untersuchungsausschuss geladen und um Aufklärung gebeten, sagte der CDU-Abgeordnete, der diesem Gremium vorsitzt.

Der Grünen-Politiker Hans-Christian Ströbele verteidigte die Einladung Ranges. Er kritisierte, dass Range das Ausspähen der Kommunikationsdaten von Millionen Bundesbürgern vorerst weiter nur beobachte. "Das kann ich nicht verstehen." Auskünfte darüber, warum Range hier noch keinen ausreichenden Anfangsverdacht sehe, habe dieser aber nicht gegeben.

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Auch der SPD-Abgeordnete Christian Flisek sagte: "Ich bin ein wenig irritiert, warum sich das ausschließlich auf das Kanzlerinnenhandy beschränkt." Er gehe aber insgesamt von intensiven Ermittlungen des Generalbundesanwalts aus - womöglich auch unter Einbeziehung des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden.

NSA-Ausschuss notfalls auch ohne Snowden

Die Aufklärung des NSA-Ausschusses soll laut Sensburg notfalls auch ohne Snowden forciert werden. Der Ausschuss will den im Moskauer Asyl befindlichen Snowden als Zeugen hören, unklar ist aber wo und wie. "Ich weiß derzeit nicht, wie wir Snowden vernehmen sollen", sagte Sensburg.

Ströbele zeigte sich zuversichtlich, dass Ranges Behörde und der Ausschuss nun gemeinsam mehr Licht in den Ausspähskandal bringen.

Die Bundesregierung hat laut Medienberichten bei Ermittlungen im Fall des Kanzlerinnen-Handys Unterstützung signalisiert. So soll Karlsruhe bei Rechtshilfeersuchen an US-Stellen unterstützt werden - notfalls mit diplomatischem Druck auf die USA. Laut "Bild"-Zeitung gibt es genügend Hinweise darauf, dass die US-Geheimdienste aktiv Mitarbeiter zur Überwachung des Merkel-Handys einsetzten. (dpa)