Wiesbaden. Ob Deutschland als Einwanderungsland gilt, ist umstritten. In der Wirtschaftskrise kamen zwar viele gutqualifizierte EU-Ausländer - aber keiner weiß, ob sie bleiben werden. Und die Integration älterer Zuwanderergenerationen und ihrer Nachkommen stellt die Republik noch immer vor große Probleme.
Ein Fünftel der Menschen in Deutschland hat ausländische Wurzeln. Im Mai 2011 lebten in der Bundesrepublik etwa 15,3 Millionen Migranten beziehungsweise nach 1955 zugewanderte und inzwischen eingebürgerte Deutsche. Das entspricht einer Quote von 20 Prozent, wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Dienstag auf Basis der Zensus-Daten mitteilte.
Bei der Integration sehen Forscher weiterhin erhebliche Defizite. Vor allem die Probleme aus früheren Jahren seien ungelöst, heißt es in einer neuen Studie des Berlin-Instituts. Die Bildungsdefizite der Gastarbeiter-Generation würden oft an die Nachfolge-Generationen weitervererbt. Noch heute liege das Bildungsniveau der türkischstämmigen Bevölkerung unter dem Durchschnitt.
Probleme bei Arbeit und Bildung
Für ihre Studie hatten die Berliner Forscher Zahlen aus dem Mikrozensus von 2010 ausgewertet. Das Statistische Bundesamt kommt zu ähnlichen Ergebnissen: Die gut 15 Millionen Menschen mit ausländischen Wurzeln sind seltener erwerbstätig und haben häufiger keinen Schulabschluss als Bundesbürger deutscher Herkunft.
Die Hälfte von ihnen hat mittlerweile die deutsche Staatsangehörigkeit - was aber auch keine Garantie für gelungene Integration ist. "Die Türken sind die deutscheste aller Einwanderungsgruppen", sagte der Direktor des Berlin-Instituts, Reiner Klingholz. Fast die Hälfte der Türkischstämmigen sei in Deutschland geboren. Gleichzeitig sei dies aber die Bevölkerungsgruppe mit den größten Integrationsproblemen.
In der Krise kamen die Cleveren. Werden sie bleiben?
Für die jüngere Vergangenheit hat das Berlin-Institut aber auch einen gegenläufigen Trend entdeckt: Wegen der Wirtschaftskrise sind in den vergangenen Jahren vor allem hochqualifizierte EU-Ausländer nach Deutschland gekommen, deren Bildungsniveau im Schnitt höher ist als das der einheimischen Bevölkerung. Klingholz warnte jedoch, nach dem Ende der Krise würden viele dieser Fachkräfte wieder in ihrer Heimatländer abwandern. Deshalb brauche man eine gezielte Integrationspolitik, um Deutschlands Ruf als attraktives Einwanderungsland zu festigen. (dpa)