Essen. . Das Treiben eines Röntgenarztes aus dem Ruhrgebiet verunsichert viele Patientinnen. Der Essener Mediziner hatte offenbar nicht die nötige Qualifikation für eine Gewebe-Entnahme bei einer Brustkrebs-Untersuchung. Patientinnen sprechen von Von „Herumstochern“ und von massiven Schmerzen.
Der Blick zurück auf das, was am Mittwoch öffentlich wurde, führt dazu, dass Frauenarzt Dr. Hans-Uwe Feldmann von der Ärztekammer Essen sprachlos ist: Ein Radiologe, der Biopsien vorgenommen hat, obwohl er die Qualifikation dafür nicht besaß, macht Feldmann ratlos. Gemeinsam mit anderen Essener Frauenärzten sei er vor Jahren „Richtung Kassenärztliche Vereinigung gefahren. Da haben wir unsere massiven Bedenken vorgetragen“. Erst letztes Jahr aber verlor Radiologe Krüger die Lizenz. „Unfassbar“, so Feldmann.
In Essen sind aber nicht nur Frauenärzte über diese „Hinhaltetaktik“ verärgert. Verstört sind vor allem die Frauen. Dr. Karlgeorg Krüger galt als Kapazität. Das Kompetenzzentrum für Mammografien in Münster kontrollierte und beanstandete – „doch es passierte jahrelang nichts“, wettern die Essener Ärzte.
Patientinnen sind verunsichert
Die Wut der Frauen, die sich von Krüger falsch behandelt fühlen, ist groß. Doris Tüllmann (67) ist eine von vielen, die sich in der Redaktion melden. Sie konnte den Befund durch den Arzt nicht nachvollziehen, besprach es mit ihrem Hausarzt, dann mit dem Frauenarzt und war überrascht über die Reaktion: „Ich sollte sofort meine Unterlagen nehmen und den Arzt wechseln, sagten die mir.“
Heiko Schmitz von der Kassenärztlichen Vereinigung: „Wir haben den Eindruck, dass die Qualifikation des Radiologen von interessierter Seite bewusst in nicht mehr angemessener Weise infrage gestellt wird.“ Was stimmt?
Von „Herumstochern“ ist die Rede - und von massiven Schmerzen
Am Telefon erzählen Frauen von ihrer Biopsie bei Krüger, die schmerzhaft war, die große Wunden hinterließ. Von „Herumstochern“ ist die Rede und massiven Schmerzen. Die ärztliche Kritik schließt sich an: Falsch ausgeführte Biopsien sind nicht nur schmerzhaft, sondern gefährden das Leben der Frau: Ist die Diagnose falsch, kann auch die Therapie nicht richtig sein.
Die radiologische Praxis steht schon lange in der Kritik: Mehrere Frauen aus Selbsthilfegruppen sagten über Jahre, dass ihnen immer wieder zu Ohren komme, wie Frauen unter Druck gesetzt würden. „Bei auffälligem Befund wurde gesagt, dass man in eine bestimmte Klinik gehen soll. Es war immer die gleiche Klinik.“ Dabei sei ein unglaublicher Zeitdruck aufgebaut worden. „Dabei sagen alle, der Zeitdruck müsse nicht sein. Man solle sich in Ruhe entscheiden.“
Hauen und Stechen unter den Ärzten
Hinter vorgehaltener Hand sprechen Ärzte schon lange vom Kampf um die Kranken. Die vielen Brustzentren müssen finanziert werden. „Es ist ein Hauen und Stechen unter den Ärzten“, so äußern sich Klinikärzte auf Kongressen, anonym natürlich. Der Essener Vorfall wirft ein schlechtes Licht auf die Qualitätskontrollen und ruft die Kritiker des Screenings abermals auf den Plan. Die Methode sei viel zu fehleranfällig, so der Berliner Arzt Becker-Brüser.
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bestätigt diese Sicht. Frauenarzt Feldmann:„Dänische Wissenschaftler haben festgestellt, dass Frauen um die fünfzig zu vierzig Prozent Veränderungen in der Brust haben, die überhaupt nichts Böses bedeuten. Es mehren sich Stimmen, die das Screening komplett umwandeln wollen.“