Düsseldorf. . Armin Laschet bleibt Vorsitzender der NRW-CDU. Bei einem Landesparteitag in Düsseldorf stimmten am Samstag 481 von 570 Delegierten für den 53-jährigen Aachener, der auch stellvertretender Bundesparteichef ist. Damit kam Laschet auf rund 87 Prozent Zustimmung. Der Parteitag macht ihn zum Gegenspieler von Hannelore Kraft. Jetzt wartet personelle und inhaltliche Klärungsarbeit. Eine Analyse.
Zwei Jahre nach dem 26-Prozent-Wahldebakel hat die NRW-CDU ihre Führungsfrage endgültig geklärt. Armin Laschet wurde beim 36. Landesparteitag in Düsseldorf am Samstag mit 87 Prozent Zustimmung als Vorsitzender der mitgliederstärksten Unionsgliederung bestätigt.
Da ihn Kanzlerin Angela Merkel zuvor mit dem Wegloben des Doppelspitzen-Rivalen Karl-Josef Laumann nach Berlin auch zur Nummer eins in der Landtagsfraktion gemacht hatte, wächst der 53-jährige Aachener nun zum Herausforderer von SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Allerdings wartet auf Laschet Richtung 2017 jede Menge personelle, inhaltliche und strategische Klärungsarbeit.
1. Inhaltliche Erneuerung
Laschet muss seine neue Gestaltungsmacht nutzen, um die Frage zu beantworten, was die CDU in der Landesregierung anders machen würde. In seiner Parteitagsrede warf er Kraft eine „Politik der 70er-Jahre“ vor, also das Regieren mit vielen Vorschriften, Beamten und Schulden. In der Bildungspolitik, wo mit der rot-grünen Hochschulreform, dem Ärger um die Integration von behinderten Kindern in Regelschulen (Inklusion) und den Eltern-Sorgen wegen des überfrachteten Turbo-Abiturs Konfliktpotenzial lauert, kündigte er den bisherigen Kurs der parteiübergreifenden Verständigung auf. „Es muss Schluss sein mit der Konsenssoße“, rief Laschet unter großem Beifall der Delegierten.
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Bislang ist die Union auf fast allen Politikfeldern durchgearbeitete Gegenkonzepte schuldig geblieben. Das war unter Jürgen Rüttgers, dem letzten CDU-Oppositionsführer, der bis 2005 an der Spitze von Landtagsfraktion und Partei stand, anders. Die Regierungsübernahme wurde damals so systematisch vorbereitet, dass am Ende jeder Wahlkämpfer die Kernziele im Halbschlaf aufsagen konnte.
2. Personelle Neuaufstellung
Der Wiederaufstieg der NRW-CDU entscheidet sich in der Alltagsarbeit. Die Spitze der Landtagsfraktion ist überaltert, verströmt wenig Machtfantasie. Talentierte Kräfte konzentrieren sich auf ihre Parallelarbeit im heimischen Stadtrat. Bei einer mit Spannung erwarteten Regierungserklärung der Ministerpräsidentin zu „Garzweiler II“ schlenderten etliche Fraktionsvorständler verspätet ins Parlament – Entschlossenheit sieht anders aus. Laschet muss klarstellen, wie sein Team für 2017 aussehen soll und inhaltlich stärker führen. „Es wird zu unstrukturiert gearbeitet“, heißt es in der Partei.
3. Strategische Ausrichtung
Laschet bekam beim Düsseldorfer Parteitag viel Applaus, als er gegen die Grünen als Wirtschaftsfeinde und Tugendwächter polemisierte. So etwas kommt an bei den ländlichen Traditionsbataillonen. Dabei gilt der liberale Journalist und Jurist als Schwarz-Grün-Sympathisant, ist mit Spitzengrünen wie Landtagsfraktionschef Reiner Priggen und dem Bundesvorsitzenden Cem Özdemir befreundet.
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Eine brettharte Opposition gegen Rot-Grün im Land birgt angesichts der Großen Koalition im Bund Glaubwürdigkeitsfallen und ist mit Blick auf 2017 gefährlich. Niemand weiß, ob die FDP als potenzieller Regierungspartner überlebt. Laschet muss sich klar werden, ob die Grünen Lieblingsfeind oder möglicher Partner sein sollen.
4. Persönliche Profilierung
Laschet ist ein leutseliger Rheinländer, der auf der Karnevalsbühne ebenso klarkommt wie beim Moscheebesuch. Er hat eine für Landespolitiker ungewöhnliche Talkshow- und Medien-Präsenz entwickelt, die bislang nicht inhaltlich aufgeladen wurde. Laschet spricht heute zu Syrien, morgen zu Putin und sitzt zwischendurch in der Klamauksendung „Pelzig hält sich“. Ohne programmatischen Wiedererkennungswert versendet er sich. Der Chef des größten CDU-Landesverbandes sollte sich mit inhaltlichen Anliegen (gerne gegen die eigenen Bundesregierung) profilieren, die eine längere Halbwertszeit haben als Programmzeitschriften. Motto: Weniger Kameras, mehr Kärrnerarbeit.
5. Umgang mit Kraft
Die CDU ist bemüht, Kraft als Provinznudel hinzustellen, weil sie jüngst wieder ihre Abneigung gegen den Berliner Politikbetrieb öffentlich machte. „Wir erwarten eine Ministerpräsidentin, die in Berlin eine Rolle spielt und sich nicht zurückzieht in ihren Glaspalast der Düsseldorfer Staatskanzlei“, so Laschet. Solche Attacken verkennen, dass Kraft gerade wegen ihrer Basisnähe und ihrer unverstellten Frau-von-nebenan-Art enorme Beliebtheitswerte genießt. Laschet sollte sich lieber seriös den Enttäuschten der rot-grünen Politik wie Beamten (Nullrunde), Akademikern (Hochschulreform), Mittelstand (Vergaberegeln, Klimaschutzgesetz), Kommunen (Landesentwicklungsplan) und Eltern (Inklusion, Turbo-Abi) zuwenden.