Essen. . Computersysteme sind oft komplex. Auch deshalb tun sich Bund, Länder und Gemeinden oft schwer damit. Jüngstes Beispiel: Kfz-Steuer. Vier der fünf Zulassungsstellen mit falscher Software liegen in NRW. Offenbar haben Tausende Besitzer von kleinen Pkw 2014 zu viel Kfz-Steuer gezahlt.

Zahlreiche Autobesitzer, vor allem in NRW, haben in den vergangenen Wochen falsche KfZ-Steuerbescheide erhalten. „Es wurden Fahrzeuge als Oldtimer eingestuft, die keine sind“, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Grund sei ein Software-Fehler bei einigen Zulassungsbehörden. Autos, die zwischen dem 30. Januar und dem 25. März angemeldet wurden, seien pauschal mit dem Oldtimer-Satz von 191 Euro besteuert worden.

Die Panne fiel erst auf, als sich Fahrzeughalter beschwerten. „Die Zulassungsstellen werden die Fehler korrigieren. Zu viel gezahlte Steuern werden natürlich erstattet“, sagte der Ministeriumssprecher. Er betonte, der Fehler hänge nicht damit zusammen, dass die Verwaltung der KfZ-Steuer derzeit umgestellt wird.

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Vier der fünf Zulassungsstellen mit falscher Software liegen in NRW

Der Staat ist oft hilflos, wenn es um komplexe Computersysteme geht. Bund, Länder und Gemeinden tun sich schwer mit der elektronischen Verwaltung. Sie haben die Lkw-Maut nur nach vielen Pannen und mit einem Verlust von vier Milliarden Euro eingeführt. Die Sozialdatei „Elena“ ist nach hohen Anlaufkosten gescheitert. Es gelingt nicht, den gemeinsamen Digitalfunk für Polizei und Rettungsdienste pünktlich zu starten.

Jetzt haben die Autofahrer das Nachsehen: Es deutet sich an, dass Zehntausende Besitzer kleiner Neuwagen in den ersten drei Monaten 2014 zu viel Kfz-Steuer gezahlt haben. Käufer großer Pkw hingegen konnten Geld sparen. Ein Software-Fehler in den Zulassungsstellen: Sie schickten allen eine Einheitsrechnung von 191 Euro – das ist der Jahresbeitrag für Oldtimer. Derzeit werden Betroffene identifiziert. Vier der fünf Zulassungsstellen mit falscher Software liegen in NRW. Welche das sind, blieb am Sonntag offen.

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Im Verdacht: die Meldeämter

Die Abstände, in denen die Bundesregierung solche Fehlschläge bei den staatlichen Gehversuchen in der digitalen Welt eingestehen muss, werden kürzer. Schwachstellen sind nicht nur unterschiedliche technische Systeme. Meist sind es Menschen, die mit Staat 2.0 nicht klar kommen. Schwer im Verdacht: die Meldeämter. So kommt es bei der Vergabe der „Steuer-DNA“, der 2007 eingeführten elfstelligen Identifikationsnummer, immer wieder zu Fehlern. Seit 2010 haben Bundesbürger in 106.000 Fällen mindestens zwei statt eine Steuernummer erhalten. In 2500 Fällen ist eine Nummer gleich an zwei Personen vergeben worden. Erst 400 von diesen sind inzwischen geklärt.

Schuld sind „Mehrfachzuweisungen“ und „Datenvermischungen“, wie die Regierung auf Fragen der Linkspartei gestehen musste. Konkret: Tippfehler bei Eingaben der Meldedaten. Durch „Ähnlichkeit oder Identität bei Geburtsdaten und Nachnamen“ können Sachbearbeiter in den kommunalen Meldestellen, im Finanzamt oder im Bundesamt für Steuern das individuelle Steuernummerdebakel anschieben.

Die Folgen für die Steuerzahler

Spannender als die Frage nach der Verantwortung ist für die betroffenen Steuerzahler aber die nach den Folgen des Nummern-Flops für sie selbst. Tatsächlich könnten „die Einkünfte einer Person einer anderen zugerechnet werden“, gibt die Regierung zu. Auch kann ein Verdacht von Steuerhinterziehung aufkommen, wenn das Finanzamt aufgrund falscher Nummern weniger Steuern fordert.

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In beiden Fällen versucht der Fiskus zu beruhigen: Verwechselungen der Einkünfte? Sie fielen sicher auf, wenn die vom Steuerzahler gegebene Steuererklärung nicht passe. Und: „Wird eine Steuer ausschließlich aufgrund von Fehlern der Finanzverwaltung zu niedrig festgesetzt, liegt keine Steuerhinterziehung vor.“

Noch gefährlicher können die Folgen einer anderen Daten-Schluderei sein. Dem Staat gelingt es nach mehr als einem Jahr Betrieb nicht, das neue Nationale Waffenregister beim Bundesverwaltungsamt in Köln sicher zu führen. Namen und Schreibweisen der Waffenbesitzer sind oft falsch, auch die von Ausländern. Es gibt „Dreher“ bei Geburtsdaten oder Hausnummern. Die Waffentypen sind falsch oder unvollständig, Teile der Nummerierungen fehlen. Bis zu 40 Prozent der Bestände sind fehlerhaft, so die Gewerkschaft der Polizei.

Gefährliche Schwachstellen

Auch hier verweist Berlin auf mangelhafte Datengrundlagen der 550 lokalen Behörden, deren Informationen in dem neuen Register zusammengefasst sind. Bund und Länder denken über eine Notbremse nach: Einen „Masterplan Datenbereinigung“, um die gefährlichsten Schwachstellen des Systems zu orten. Das soll aber bis 2017 dauern. In der Waffendatei sind Angaben über 5,4 Millionen Waffen gespeichert und 1,4 Millionen Namen aktueller und ehemaliger Waffenbesitzer sowie über Personen, denen rechtskräftig ein Waffenbesitzverbot erteilt wurde.