Kiew. Die Krise in der Ukraine spitzt sich zu. Prorussische Separatisten haben in der Region Slawjansk einen Bus mit OSZE-Beobachtern, darunter auch Deutsche, in ihre Gewalt gebracht. Das deutsche Verteidigungsministerium bestätigte am Abend, vermutlich seien 13 OSZE-Mitarbeiter festgesetzt worden.
Im Osten der Ukraine sind am Freitag deutsche OSZE-Beobachter von prorussischen Separatisten verschleppt worden. Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen erklärte am Abend, unter 13 festgehaltenden Inspekteuren seien vier Deutsche - drei Angehörige der Bundeswehr und ein Dolmetscher. Details nannte sie nicht. Die Regierung in Kiew erklärte, in Slawjansk hätten Separatisten einen Bus mit OSZE-Beobachtern und ukrainischen Soldaten in ihre Gewalt gebracht. Die Ukraine warf Russland unterdessen vor, den Dritten Weltkrieg anzetteln zu wollen. Der Westen diskutiert über neue Sanktionen gegen Russland.
"Wichtig ist, dass wir jetzt alle diplomatischen Kanäle nutzen, dass dieses Team unverzüglich und unversehrt freikommt", erklärte von der Leyen. Noch sei man jedoch dabei, Informationen zu sammeln. Das Auswärtige Amt richtete einen Krisenstab ein. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums gehören der Gruppe neben den Deutschen jeweils ein Militärbeobachter aus Tschechien, Polen, Schweden und Dänemark an. Die Bundesrepublik führt den Militärbeobachtereinsatz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Er hat nichts mit dem Einsatz der diplomatischen OSZE-Beobachter zu tun, der parallel stattfindet.
Die ukrainische Regierung hat die Festsetzung von Militärbeobachtern in Slawjansk als "Geiselnahme terroristischer Kräfte" kritisiert, "die von Russland unterstützt werden". Die moskautreuen Separatisten müssten die Gruppe sofort freilassen, forderte das Außenministerium in Kiew am Freitag. Die Vizechefin des Nationalen Sicherheitsrates, Viktoria Sjumar, sprach von laufenden Verhandlungen. "Es ist eine gespannte Situation. Ich hoffe, der gesunde Menschenverstand siegt", sagte sie.
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Slawjansk liegt im Osten der Ukraine und wird seit zwei Wochen von prorussischen Kräften kontrolliert. Der faktische Bürgermeister der Stadt mit 130.000 Einwohnern ist der Separatist Wjatscheslaw Ponomarjow. Er sagte Journalisten, offenbar habe es ein Problem an einem Kontrollposten gegeben. Ihm sei berichtet worden, dass unter den OSZE-Mitarbeitern ein Mitarbeiter des Kiewer Militärgeheimdienstes gewesen sei. "Das gehört sich nicht", sagte Ponomarjow. Genaueres wisse er jedoch nicht
Die Regierung in Kiew setzt die Streitkräfte gegen die Separatisten im Osten des Landes ein. In der Region leben viele russischstämmige Bürger, die zum Teil einen russischen Pass besitzen. Die Regierung in Moskau hat nach Schätzungen der Nato 40.000 Soldaten an der Grenze zusammengezogen und die Offensive scharf kritisiert. Die Ukraine warnte Russland mit drastischen Worten vor einem Einsatz der Armee. "Die Welt hat den Zweiten Weltkrieg noch nicht vergessen, da will Russland schon den Dritten Weltkrieg anzetteln", sagte Ministerpräsident Arseni Jazenjuk.
Kinder posieren mit Soldaten
Zwar hat der Westen das russische Vorgehen verurteilt. Die Nato schließt ein militärisches Eingreifen jedoch aus. Auch die USA haben deutlich gemacht, dass sie eher auf wirtschaftlichen Druck als auf Gewalt setzen. Der Nachrichtenagentur Interfax diskutierten der russische Generalstabschef Valeri Gerasimow und sein US-Kollege Martin Dempsey per Telefon über die Lage in der Ukraine. Gerasimow habe der Regierung in Kiew vorgeworfen, "bedeutende Truppenkontingente" nahe der russischen Grenze zusammengezogen zu haben. Die ukrainische Armee ist der des großen Nachbarn deutlich unterlegen.
Am Freitag telefonierte US-Präsident Barack Obama mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem britischen Premierminister David Cameron, Frankreichs Präsident Francois Hollande und dem italienischen Ministerpräsidenten Matteo Renzi. Man sei sich einig, dass Russland die Genfer Vereinbarung aus der Vorwoche zur Lösung des Konflikts nicht umgesetzt habe, kritisierten die USA anschließend. Daher werde man weitere Schritte absprechen, die Russland "etwas kosten" würden. Merkel zeigte sich zurückhaltend. Man müsse "im Rahmen der Stufe 2 weitere Sanktionen ins Auge fassen", sagte sie. Diese Stufe steht diese für Einreiseverbote und Kontensperren. Wirtschaftssanktionen würden unter die Stufe 3 fallen. (rtr)