Berlin. . CDU-Chefin Angela Merkel geht den Europawahlkampf eher vorsichtig an, CSU-Chef Horst Seehofer dagegen giftig: Die Unions-Parteien gehen die Wählerwerbung bis zum 25. Mai höchst unterschiedlich an. Das führt zu schweren Irritationen zwischen den Schwesterparteien.
In einem Monat ist die Europawahl. Für die Unionsparteien sind die vier Wochen nicht zuletzt ein interner Wettstreit. Das Programm, über das der CSU-Vorstand heute und morgen in Kloster Andechs berät, ist kurz, knackig – und kritisch. Ein Ja zu Europa „mit einem dicken Aber“, wie CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sagt. Es ist auch das Kontrastprogramm zu Kanzlerin Angela Merkel und zur CDU.
Die CSU will die EU-Kommission halbieren, sie fordert ein deutsches Veto-Recht in der Europäischen Zentralbank, einen Beitrittsstopp und einen „Kompetenzgerichtshof“. Selbstredend lehnt sie weitere Zuständigkeiten für die Brüsseler Kommission ab. So viel Europa wie nötig, so viel Bayern wie möglich. Das heißt: Glühbirnen, Duschköpfe, Toilettenspülungen, Staubsauer, Tachographen, Olivenölkännchen kämen auch ohne EU-Vorgaben aus.
In der CDU schütteln viele irritiert den Kopf über die Schwesterpartei, die sich betont vom EU-freundlichen Wahlkampf der Kanzlerin abgrenzt. Schon auf dem CDU-Parteitag wurde darüber gelästert, und zuletzt lästerte EU-Kommissar Günther Oettinger (CDU): Die Bayern brauchten offenbar immer jemand, gegen den sie sich abgrenzen könnten, „früher waren es die Preußen, heute ist es die EU“.
Im Gegensatz dazu – die CDU. Keine Fundamentalkritik an der EU, die Alternative für Deutschland (AfD) wird ignoriert. Der Wahlkampf wirkt harmlos. Wenn der nationale und der internationale Spitzenkandidat – David McAllister für die CDU und Jean-Claude-Juncker für die EVP – wie morgen in Braunschweig den „Europabus“ mit jungen Wahlhelfern begrüßen, gilt das schon als Ereignis. Ab Dienstag ist McAllister mit Merkel auf Tour, insgesamt 18 Termine. Es gibt die Sorge, dass unter der nüchternen Kampagne die Wahlbeteiligung leiden wird.
Die CSU zieht alle Register – und gegen vermeintliche oder tatsächliche Eurokraten zu Felde. Seehofer macht elf Veranstaltungen, darunter zwei gemeinsam mit Kanzlerin Merkel. Ausgewiesene EU-Kritiker wie Peter Gauweiler und Winfried Scharnagl bekommen eine eigene Plattform. Sie tingeln unter dem Motto „Bayern zuerst“ durchs Land. Gauweiler war erst im Herbst 2013 zum CSU-Vizechef gewählt worden, schon damals mit Blick auf die EU-Wahl. Um den Jahreswechsel folgte dann die Kampagne „Wer betrügt, der fliegt“ gegen Armutszuwanderer. Einen Plan kann man der CSU nicht absprechen. Sie steht auch unter Druck. In den letzten drei Europawahlen fuhr die Partei zunehmend schlechtere Ergebnisse ein. Seit die Drei-Prozent-Klausel wegfiel, muss sie im Freistaat die Konkurrenz der Freien Wähler und der AfD fürchten. Das erklärt Scheuers „dickes Aber“.