Rom. . Mit Johannes XXIII. und Johannes Paul II. werden am 27. April die einflussreichste Päpste der Moderne heilig gesprochen. Der Vatikan will ein Signal setzen: Der Heiligenbegriff als Zeichen gegen Spaßkultur. In beiden Fällen wurden die strengen Voraussetzungen für eine Heiligsprechung nicht erfüllt.

So viel Eile war nie im Vatikan: Gleich zwei Päpste werden am 27. April in Rom heiliggesprochen: Johannes XXIII. Und Johannes Paul II. Die doppelte Ehrung ist für die Katholische Kirche ein Mega-Ereignis. Denn in den letzten rund tausend Jahren finden sich gerade einmal vier Päpste, die in den Heiligenstand erhoben wurden – bei insgesamt rund 7000 Heiligen und Seligen.

Warum nun also gleich zwei Heiligsprechungen auf einmal, zumal in beiden Fällen das vorgeschriebene Prozedere nicht eingehalten wird? Vermutlich dürften die Ehrungen darin begründet liegen, dass Johannes XXIII. und Johannes Paul II. die beiden wohl einflussreichsten Päpste der Moderne sind.

Der Vatikan will ein Signal setzen: Der – für viele antiquierte – Heiligenbegriff als trotziges Zeichen gegen Spaßkultur und Individualismus. Neue, alte Vorbilder statt gottloser Ich-Bezogenheit. Dabei setzt der Vatikan auf zwei der charismatischsten Persönlichkeiten seiner jüngeren Geschichte.

Johannes Paul II., der Medienstar

Johannes XXIII., der von 1958 bis 1963 amtierte, gilt als Vater des Zweiten Vatikanischen Konzils, das er 1962 einberief und von dem wegweisende Reformen ausgingen. Das Konzil veränderte dramatisch das Erscheinungsbild der Katholischen Kirche. Zudem trieb Johannes die Annäherung an die griechisch-orthodoxe Kirche voran. Er gilt immer noch als Leitfigur des liberalen Flügels der Kirche.

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Johannes Paul II. wiederum drückte in seinem 27 Jahre währenden Pontifikat von 1978 bis 2005 nicht nur der Kirche seinen Stempel auf, sondern trug auch zum Zerfall des Kommunismus in Osteuropa bei. Der Papst aus Polen schrieb Weltgeschichte und wurde zum ersten „Medienstar“ im Vatikan.

Das Attentat auf ihn, das er nur knapp überlebte, und, viel später, sein körperlicher Verfall quasi vor den Augen der Weltöffentlichkeit, machen ihn für viele Gläubigen zu einer fast mythischen Figur.

Angesichts dieser beiden herausragenden Biografien nimmt es der Vatikan denn auch nicht so ganz genau mit den sonst so strengen Vorschriften einer Heiligsprechung. So verzichtet man bei Johannes XXIII. großzügig auf das eigentlich erforderliche zweite Wunder. Und nach dem Tod von Johannes Paul II. wurde schon die übliche Wartezeit von fünf Jahren für die Seligsprechung nicht eingehalten.

Die katholische Basis machte Druck – „santo subito“ (Heiligsprechung sofort) forderten Gläubige auf einem Transparent bei der Trauerfeier für den Papst im April 2005 auf dem Petersplatz. Der Vatikan musste reagieren.

Problemfall Pius XII.

Auch in früheren Zeiten gab es kirchenpolitische Gründe für die Heiligsprechung eines Papstes. Coelestin V. etwa – jener Pontifex also, der 1294 mit seiner Abdankung sozusagen die Blaupause lieferte für den spektakulären Rücktritt Benedikt XVI. vor gut einem Jahr – wurde von seinem Nach-Nachfolger Clemens V. heiliggesprochen.

Clemens war in Zeiten innerkirchlicher Spannungen als erster Papst von Rom ins französische Exil nach Avignon gezogen – und wollte mit der Ehrung für seinen ansonsten blassen und mit seinem Amt überforderten Vorgänger Coelestin ein kirchenpolitisches Zeichen setzen.

Papst in sein Amt eingeführt

In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © Getty Images
Höhepunkt der Zeremonie war die Übergabe des „Fischerrings“ an den neuen Papst.
Höhepunkt der Zeremonie war die Übergabe des „Fischerrings“ an den neuen Papst. © dpa
Der Siegelring ist ein Zeichen des Papsttums und…
Der Siegelring ist ein Zeichen des Papsttums und… © REUTERS
… zeigt den Apostel Petrus.
… zeigt den Apostel Petrus. © dpa
Auch Bundeskanzlerin Merkel gratulierte Papst Franziskus.
Auch Bundeskanzlerin Merkel gratulierte Papst Franziskus. © dpa
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © AFP
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © REUTERS
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © REUTERS
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © Getty Images
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © Getty Images
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © Getty Images
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © Getty Images
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © Getty Images
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © Getty Images
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen.
In einer feierlichen Zeremonie wurde Papst Franziskus ins Amt eingeführt. Staatsgäste und Schaulustige aus aller Welt hatten sich auf dem Petersplatz versammelt, um den neuen Pontifex zu sehen. © Getty Images
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So harmonisch die doppelte Heiligsprechung am 27. April ablaufen dürfte – so viel Ärger könnte dem Vatikan demnächst mit einer anderen Ehrung für einen Papst ins Haus stehen. Dann nämlich, wenn sich Franziskus dazu entscheiden sollte, das Seligsprechungsverfahren für Pius XII. voranzutreiben.

Der Pontifex, der von 1939 bis 1958 amtierte, ist wegen seiner Haltung während der Nazi-Diktatur umstritten. Weil es von ihm keinen Aufschrei gegen den Massenmord an den Juden gab, gilt er als „Schweigepapst“. Dem gegenüber steht aber die Einschätzung von Historikern, dass Pius im Stillen wirkte und Zehntausenden Juden das Leben rettete. Benedikt XVI. verlieh ihm 2009 den „heroischen Tugendgrad“ – eine Vorstufe zur Seligsprechung. Franziskus hat sich bislang nicht zu dem brisanten Fall geäußert.

Der 27. April wäre eine gute Gelegenheit dafür.