Kiew. Nach dem Machtwechsel in Kiew bangt die ostukrainische Region Donezk um ihre Privilegien. Bewaffnete besetzen öffentliche Gebäude. Russlands Präsident Wladimir Putin beruhigt unterdessen die Gaskunden in Europa. Man wolle der Ukraine nicht den Gashahn zudrehen.

„Ich bin gegen jegliche Gewaltanwendung”, sagt der ukrainische Übergangspremier Arseni Jatsenjuk am Freitag in Donezk. Wer Regierungsgebäude illegal besetzt halte, solle diese deshalb freiwillig verlassen und die Waffen niederlegen, forderte der junge Kiewer Premier mit der Intellektuellenbrille. Ob die Botschaft bei den pro-russischen Separatisten ankommt, ist aber fraglich.

In Donezk riefen sie vor dem besetzten Verwaltungsgebäude die Bildung einer Volksarmee der „Republik Donezk“ aus. Die Barrikaden wurden verstärkt. Auch in Lugansk an der Grenze zu Russland wurden am Freitag neue Ringe aus Stacheldraht um das besetzte und verminte Gebäude des Geheimdienstes gezogen. Ukrainische Journalisten berichteten von schwer bewaffneten Besetzern. Deren Forderung nach einer sofortigen Amnestie für Mitglieder der gefürchteten Sonderpolizeieinheit „Berkut“ lässt vermuten, dass sich ehemalige Sondereinheiten des abgesetzten und geflohenen Präsidenten Wiktor Janukowitsch unter den Besetzern befinden.

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Unter Janukowitsch hatte der Bezirk Donezk einen Großteil der ukrainischen Regierung gestellt. Seine Heimatregion wurde großzügig mit Subventionen eingedeckt. Die veralteten Kohlegruben und Stahlwerke konnten den Staat zu überhöhten Preisen beliefern. Mit dem Regierungswechsel in Kiew sind deshalb auch wirtschaftliche Befürchtungen verbunden. Jatsenjuk weiß um die Ängste und versprach den Donezkern bei seinem Besuch mehr Selbstverwaltungsrechte, auch soll Russisch weiterhin regionale Amtssprache bleiben.

Versöhnliche Töne aus Moskau

Auch aus Moskau kamen am Freitag versöhnlichere Töne: Nach den Worten von Präsident Wladimir Putin werde Russland seine vertraglichen Verpflichtungen gegenüber den Erdgaskunden in Europa einhalten. Moskau beabsichtige nicht, die Belieferung der Ukraine mit Gas zu stoppen, sagte Putin. Die Umstellung auf Vorkasse bleibe jedoch eine Option. Es sei unhaltbar, dass die Ukraine ihre Zahlungsverpflichtungen nicht einhalte.

In einem Brief an europäische Staats- und Regierungschefs hatte Putin einen Tag zuvor angekündigt, dass Russland die Ukraine künftig nur noch gegen Vorauszahlung mit Erdgas beliefern wolle und notfalls die Versorgung drosseln werde. Ein solcher Schritt könnte für Westeuropa Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit haben, weil die Ukraine Gas abzapfen könnte.