Essen. Das zurzeit gültige Betäubungsmittelgesetz kriminalisiert Cannabis-Konsumenten unnötig und fördert den Schwarzmarkt für Drogen, meinen Rechtsprofessoren. Sie drängen auf eine Gesetzesreform. Als Schildower Kreis führen sie fünf Thesen an, die für eine Umgestaltung des jetzigen Rechts sprechen.

Mehr als 100 Rechtsprofessoren fordern die Mitglieder des Deutschen Bundestags dazu auf, die Wirksamkeit des Betäubungsmittelgesetzes zu überprüfen. Ihrer Auffassung nach ist das Verbot Cannabis nicht mehr zeitgemäß und kontraproduktiv. Sie monieren unter anderem die dadurch entstehende Kriminalisierung der Konsumenten und die zu hohen Kosten für die Strafverfolgung.

Der sogenannte Schildower Kreis hält den straftrechtlichen Umgang mit Cannabis für nicht mehr zeitgemäß. „Die Unterzeichnenden wollen den Gesetzgeber auf die unbeabsichtigten schädlichen Nebenwirkungen und Folgen der Kriminalisierung bestimmter Drogen aufmerksam machen“, heißt es in der Erklärung der Rechtsgelehrten. Zu den Unterzeichnern gehört auch der Bochumer Professor Thomas Feltes vom Lehrstuhl für Kriminologie, Kriminalpolitik, Polizeiwissenschaft an der juristischen Fakultät der Ruhr-Universität.

Bundestag soll Enquête-Kommission einrichten

Die Rechtswissenschaftler fordern die Einrichtung einer Enquête-Kommission, die die bestehende Gesetzeslage überprüfen soll. „Sowohl aus strafrechtswissenschaftlicher Sicht als auch aufgrund empirischer Forschungsergebnisse besteht die dringende Notwendigkeit, die Geeignetheit, Erforderlichkeit und normative Angemessenheit des Betäubungsmittelstrafrechts zu überprüfen und gegebenenfalls Vorschläge zu Gesetzesänderungen aus solcher Evaluation abzuleiten“, begründen sie.

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Mit fünf Thesen untermauern die Wissenschaftler ihre Forderung. Sie führen an, dass durch die jetzige Gesetzeslage der Staat die Kontrolle über die Verfügbarkeit und Reinheit aufgebe. Nicht die Wirkung der Drogen sei das Problem, sondern die repressive Drogenpolitik schaffe Probleme. Die meisten Konsumenten seien sozial integriert. Und bei Drogenabhängigen habe die Strafverfolgung negative Folgen.

Rechtsprofessoren sehen Prohibition als Grund für blühenden Schwarzmarkt an 

Das Verbot von Cannabis-Konsum bewerten die Rechtswissenschaftler als verfehlt und halten es sogar für kontraproduktiv. Die abschreckende Wirkung sei zu gering und Nicht-Abstinentler bekämen dadurch größere Probleme.

Ein weiteres Argument, das nach Meinung der Professoren für die Abschaffung des Verbots spricht, sind die Kriminalität und der Schwarzmarkt. Der illegale Handel mit Marihuana böte eine zu hohe Profitabilität, die kriminelle Handlungen fördere.

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Auch die finanziellen Folgen für den Staat stoßen den Rechtsgelehrten auf. Nach Auffassung des Schildower Kreises sind die Kosten, die das derzeit gültige Betäubungsmittelgesetz verursacht, zu hoch: „Jedes Jahr werden Milliardenbeträge für die Strafverfolgung aufgewendet, welche sinnvoller für Prävention und Gesundheitsfürsorge eingesetzt werden könnten.“ Außerdem entgingen dem Staat hohe steuerliche Einnahmen, die bei einer Legalisierung aufkommen würden.

Kriminalisierung von Konsumenten problematisch

Und zu guter Letzt halten sie die Kriminalisierung für Konsumenten von Cannabis für nicht mehr haltbar. Durch die derzeitige Gesetzeslage würden diese Menschen gar in kriminelle Karrieren getrieben: „Normales jugendliches Experimentierverhalten wird kriminalisiert und das Erlernen von Drogenmündigkeit erschwert. Junge Menschen werden dauerhaft stigmatisiert und ihre Lebenschancen werden gemindert.“

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„Als Kriminalwissenschaftler fühlen wir uns in besonderem Maße verantwortlich für die Einhaltung strafrechtstheoretischer Prinzipien und für die Zurückhaltung des Staates in der Anwendung der ultima ratio gesellschaftlicher Steuerung.“

Vorstöße zur Legalisierung von Cannabis hat es in jüngster Vergangenheit häufiger gegeben. So stellte der bald aus dem Dienst scheidende Münsteraner Polizeipräsident Hubert Wimber die zurzeit gängige Praxis in Frage.

In Essen forderten Politiker der Linkspartei bereits die Einrichtung von legalen Abgabestellen für Marihuana. In den Vereinigten Staaten ging die Lockerung der Gesetze so weit, dass der Anbau und Konsum von Marihuana völlig legal ist.