Berlin. Ein vom Finanzministerium in Auftrag gegebenes Gutachten erteilt der fünftgrößten Steuersubvention extrem schlechte Noten. Jährlich kann jeder Bürger bis zu 1200 Euro, die er für einen Handwerker ausgibt, von der Steuer absetzen. Das habe aber weder zu mehr Jobs geführt, noch habe das Handwerk einen Aufschwung erfahren.
Von Malerarbeiten bis zur Schornsteinreinigung: Steuerzahler können einen Teil ihrer Handwerker-Rechnung von der Steuer absetzen. Doch eine Studie im Auftrag des Finanzministeriums empfiehlt das Aus für die populäre wie teure Steuerermäßigung - aus Sicht von SPD-Finanzexperten ließen sich so Steuerentlastungen für alle finanzieren. Aber die Regierung bremst.
Was ist der Handwerkerbonus?
Seit 2006 kann jeder Steuerzahler in der Steuererklärung 20 Prozent der Arbeitskosten für Renovierungen, Gartenarbeiten oder Wartungsarbeiten geltend machen. Seit 2009 sind maximal 1200 Euro jährlich absetzbar - die Große Koalition hatte damals den Vorteil verdoppelt, um die Konjunktur zu stützen und die Schwarzarbeit einzudämmen.
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Der Staat rechnet in diesem Jahr mit einer Steuereinbuße von 1,52 Milliarden Euro - der Handwerker-Bonus ist die fünftgrößte Steuersubvention überhaupt. Mindestens jeder fünfte Steuerzahler nimmt ihn in Anspruch, meist mit Rechnungsbeträgen bis zu 500 Euro.
Warum gibt es jetzt Kritik?
Eine am Donnerstag vorgestellte Studie, die das Finanzministerium in Auftrag gab, kommt zu einem vernichtenden Ergebnis: Die Förderung erreiche die gesetzten Ziele kaum, stattdessen seien Mitnahmeeffekte „klar erkennbar“.
Das Gutachten der Unternehmensberatung Ernst & Young und der Uni Freiburg, die unserer Mediengruppe vorliegt, empfiehlt, die Förderung ganz abzuschaffen. Es gebe nur „geringe Auswirkung auf Umsatz und Beschäftigung“ in der Handwerksbranche, nur für fünf Prozent der Befragten war der Steuerbonus ausschlaggebend für die Auftragserteilung: Vor allem Wartungsarbeiten oder gesetzlich vorgeschriebene Arbeiten wie Kaminkehrerleistungen seien abgesetzt worden. Die Kritik ist nicht neu: Zuvor hatten Mannheimer Wirtschaftsforscher und der Bundesrechnungshof die Wirkung des Handwerker-Bonus bezweifelt.
Wie reagiert die Koalition?
Widersprüchlich: SPD-Fraktionsvize und Finanzexperte Carsten Schneider stellte am Donnerstag den Steuerbonus öffentlich infrage, forderte Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) zum Handeln auf.
Sein Unionskollege Ralph Brinkhaus sagte: „Wir werden uns die Studie sehr genau ansehen.“ Ein rasches Aus des Handwerkerrabatts schloss die Union allerdings aus, sie will jedoch Mitnahmeeffekte überprüfen. Die Bundesregierung bremste:
Finanzminister Schäuble ließ erklären, es gebe keinen Handlungsbedarf. Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) stellte klar: „Ich bin für die Beibehaltung, Handwerkerrechnungen müssen auch in Zukunft von der Steuer abgezogen werden können.“
Warum jetzt die Debatte?
Vor allem SPD-Politiker wünschen sich mehr Ehrgeiz beim Subventionsabbau, dessen Überprüfung Union und SPD im Koalitionsvertrag in allgemeiner Form angekündigt haben. Die Koalition könnte mit Einschnitten bei dieser Förderung auch ein anderes Problem lösen: So ließen sich die schleichenden Steuererhöhungen durch die kalte Progression bekämpfen.
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Die Koalition diskutiert über eine Anpassung des Steuertarifs, aber die SPD fordert eine Gegenfinanzierung, die Streichung des Handwerkerrabatts wäre nach Einschätzung von SPD-Finanzexperten ein wichtiger Baustein. Ein Subventionsabbau zu diesem Zweck wäre mit der CDU wohl zu machen.
„Wenn der Wegfall von Steuersubventionen kompensiert wird, sind es keine Steuererhöhungen“, sagte Unionsfraktionsvize Brinkhaus. Allerdings: Die CSU lehnt jeden Subventionsabbau als indirekte Steuererhöhung ab.
Was sagt das Handwerk?
Hände weg! „Der Steuerbonus ist eine Erfolgsgeschichte“, erklärt der Zentralverband des Deutschen Handwerks. Die Branche sei auch wegen dieser Regelung gut durch die Finanzkrise gekommen, zugleich gehe die Schwarzarbeit in Privathaushalten zurück.
Wie geht es weiter?
Kurzfristig wird sich wohl nichts ändern, aber das Thema bleibt auf der Tagesordnung.: Der Druck auf die Koalition wächst, die Menschen über die Dämpfung der kalten Progression zu entlasten - dafür wird eine Gegenfinanzierung benötigt.