Brüssel. . US-Präsident Obama hat in der Ukraine-Krise die Androhung weiterer Sanktionen gegen Russland bekräftigt. “Wenn die russische Führung auf ihrem jetzigen Kurs bleibt, dann wird sich die Isolation vertiefen. Sanktionen werden zunehmen“, sagte er am Mittwoch in einer Ansprache in Brüssel.

US-Präsident Barack Obama hat den Westen im Ukraine-Konflikt zur Verteidigung seiner Ideale aufgerufen. In der Auseinandersetzung mit Russland gehe es nicht um schlichte Interessen-Politik, sagte Obama in einer Rede vor einem überwiegend jungen Publikum im Brüsseler Palast der Schönen Künste Es gehe vielmehr um Prinzipien des Zusammenlebens, die für Europa und die Vereinigten Staaten nach der Erfahrung zweier Weltkriege grundlegend seien. Auf dem Spiel stünden Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, das Recht auf nationale Selbstbestimmung und letztlich die Menschenwürde. „Wir sind die Erben eines Kampfes für die Freiheit, das dürfen wir nie vergessen … Wir müssen uns der Herausforderung unserer eigenen Überzeugungen stellen!“

Die Ansprache, der auch das belgische Königspaar und zahlreiche Vertreter der nationalen und europäischen Politik beiwohnten, bildete den Abschluss des eintägigen Brüssel-Besuchs des US-Präsidenten. Obama hatte am Morgen auf dem US-Soldatenfriedhof in Waregem einen Kranz niedergelegt und war anschließend mit der EU-Führung und Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen zusammengetroffen. Auch dabei war es vor allem um die Ukraine-Krise und das Verhältnis zu Russland gegangen.

Rasmussen und Obama bekräftigten die Entschlossenheit der nordatlantischen Allianz, die Vorkehrungen zum gemeinsamen Schutz des Bündnisgebiets zu verstärken. „Nato-Länder stehen niemals allein“, sagte Obama. Rasmussen erklärte: „Wir suchen keine Konfrontation mit Russland. Aber wenn man uns herausfordert, werden wir nicht zurückweichen.“

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Von Knut Pries
Wie EU und USA bei Obama-Besuch in Brüssel Einigkeit demonstrieren 

Wo hat man sich nicht überall schon getroffen – Prag, Washington, Den Haag, Belfast… Nur noch nie der Europa-Hauptstadt selbst. Und deswegen, sagt Barack Obama beim gemeinsamen Auftritt mit den EU-Präsidentenkollegen Herman Van Rompuy (Europäischer Rat) und Jose Manuel Barroso (Kommission), sei es „gut, mal hier bei der EU zu sein.“ Van Rompuy und Barroso freut das umso mehr, als sie in ihrer Funktion als EU-Obere demnächst Geschichte sein werden: Noch im Lauf des Jahres geben beide ihre Ämter ab. Wie auch der Generalsekretär der Nato, Anders Fogh Rasmussen, den der hohe Gast an diesem Mittwoch ebenfalls trifft. Gut, dass das alles noch geklappt hat, gut dass er da war!

Obama, einst Chef-Dynamiker im Zeichen von „Yes, we can“ und politischer Liebling unzähliger Europäer, präsentiert sich seiner geschrumpften Fan-Gemeinde in der Alten Welt stark ergraut, müde im Gesicht und ein wenig tastend auf der Suche nach Antworten. Seine Gesprächspartner sind dennoch begeistert: Die transatlantische Partnerschaft lebt, Vladimir Putin, rücksichtloser Räuber der Krim, hat ihr neuen Schwung verliehen. „Gemeinsam zeigen wir der Welt, was in uns steckt!“, verheißt Van Rompuy. Barroso verspricht dem Gast: „Sie können auf uns als Ihre besten Freunde zählen“, und Obama lässt sich nicht lumpen: „Europa ist Amerikas engster Partner.“

USA wollen Europa aus der Abhängigkeit von Russland befreien

Dieser Geist soll die Lösung von Problemen ermöglichen, die zuletzt hartnäckig für transatlantische Zwietracht gesorgt haben: Beim Datenschutz wollen beide Seiten bis zum Sommer eine Verständigung erreichen. Das lahmende Projekt eines großen Freihandels-Abkommens darf und soll keineswegs im Streit über unterschiedliche Vorstellungen zum Umwelt- und Verbraucherschutz versacken. Er sei der letzte, der hier für niedrigere Standards eintrete, beteuert Obama. „Wir streben ein höheres Niveau an!“

Und was die aktuelle außenpolitische Lage anlangt, wollen die Amerikaner das Ihre tun, den Europäern möglichst rasch aus der Abhängigkeit von russischer Energie zu helfen. Schon jetzt gibt es laut Obama Lizenzen für US-Gasexporte in der Größenordnung des gesamten EU-Bedarfs. Diese Lieferungen sollen ausgeweitet werden. Fragt sich nur, zu welchem Preis. „Eine perfekte, billige Gasversorgung gibt es nicht“, warnt der Gast.

"Kollektive Verteidigung bedeutet, dass alle sich verteidigen müssen"

Dasselbe gilt für die militärische Sicherheit im Rahmen der Nato. Die Amerikaner sind bereit, der Beistandsgarantie des Bündnisses durch verstärkte Ernstfall-Vorsorge in Osteuropa zusätzliche Glaubwürdigkeit zu verleihen. Aber „kollektive Verteidigung bedeutet, dass alle sich beteiligen müssen“, mahnt Obama. „Die Ukraine erinnert uns daran: Unsere Freiheit ist nicht gratis.“ Im übrigen lässt der Präsident keinen Zweifel, dass Nato-Nachbarn wie die Ukraine, Georgien oder Moldawien zwar auf wirtschaftliche und politische Unterstützung zählen können, nicht aber auf militärische Hilfe.

Die Belgier sind mächtig stolz, dass der US-Präsident nicht nur die internationalen Organisationen besucht, sondern von seiner knappen Zeit sogar den größeren Teil auf das Gastgeberland verwendet. Am Morgen hat Obama den Gefallenen des Ersten Weltkriegs die Ehre erwiesen. 378 Amerikaner sind auf dem Soldaten-Friedhof „Flanders Field“ im westflämischen Waregem bestattet. Die meisten unter weißen Kreuzen, einige unter dem David-Stern, alle umgekommen in den letzten zehn Tagen des großen Krieges 1914 -18. Sie waren „bereit, für die Freiheit zu sterben“, sagt Obama. „Die Erinnerung an Flanders Field wird mich für den Rest meines Lebens begleiten.“