Essen. Bei der Erforschung der Anfänge des Universums ist US-Wissenschaftlern ein bahnbrechender Erfolg gelungen: Erstmals zeichneten sie ein Echo des Urknalls vor rund 14 Milliarden Jahren auf. Dies sei der „erste direkte Beweis“ für die Theorie, dass am Anfang des Alls seine rasante Ausbreitung stand.
Was geschah am Anfang aller Zeiten? Wenig wissen wir darüber, und was wir erkennen, übersteigt unser Vorstellungsvermögen. Fest steht: Seit Jahrmilliarden driften die Galaxien auseinander. Demnach muss der Kosmos früher kleiner gewesen sein, viel kleiner: Das ganze Universum war ursprünglich in einem winzigen Punkt enthalten.
Wir haben also einen Anfang, und der liegt 13,8 Milliarden Jahre zurück, als der winzige Punkt in einem einzigen Augenblick explodierte. Was davor lag, vor dem Urknall, bleibt uns verborgen und es ist, als würde uns die Astrophysik damit Raum lassen für das Mysterium der Schöpfung.
Keine Bombe, kein Ballon - es gibt keinen Raum drum herum
Den Urknall kann man nicht mit einer explodierenden Bombe vergleichen. Vielmehr bläht sich das Universum überall zugleich auf, beschreiben Kosmologen die Geburt der Welt.
Auch der Vergleich mit einem Ballon, den man aufpustet und der in einen Raum hineinwächst, führt nicht weiter. Es gibt keinen Raum drumherum, das All hat keine Hülle, keine Grenze. Der Raum entsteht aus sich selbst. Das ist zu befremdlich, um sich ein Bild davon zu machen.
Plötzlich war die Welt da
Die blitzartige Ausdehnung des Alls bezeichnen Wissenschaftler als Inflation. Bislang war dies nur ein Modell, eine theoretische Notlösung. 1981 hatte der US-Physiker Alan Guth diese Idee. Das Problem: Das sichtbare Universum ist heute überall ähnlich, es muss also einen Ursprung gegeben haben und eine anschließende Phase extremer Expansion.
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Allerdings überfordert auch Guth unsere Fantasie: Im Vergleich zu der Zeitspanne, in der sich die Inflation abspielte, dauert ein Wimpernschlag etliche Zeitalter: Plötzlich war die Welt da!
„Das ist wahrlich eine bizarre Idee, dass sich unser Universum in Nullkommanichts von der Größe eines Kirschkerns zu den Ausmaßen unseren Sonnensystems ausgedehnt hat“, sagt Susanne Hüttemeister, Professorin für Astronomie und Leiterin des Bochumer Planetariums. Und bis Montag war dieses Szenario nur ein akzeptiertes und gut durchgerechnetes Modell – aber keineswegs bewiesen.
Erster Beweis für Urknall-Theorie
US-Astronomen um John Kovac gelang nun offenbar mit dem Radioteleskop Bicep 2 am Südpol die Sensation. Sie haben den ersten direkten Beweis für die kosmische Inflation gefunden, also für die nur Sekundenbruchteile dauernde Phase direkt nach dem Urknall. Der Beweis versteckt sich in der kosmischen Hintergrundstrahlung.
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Sie entstand 380.000 Jahre nach dem Urknall, als es noch keine Sterne und Galaxien gab und das Universum von einem undurchdringlichen Plasmabrei zu einem lichtdurchlässigen Raum wurde. Selbst Fernseher können die Strahlung empfangen, sie ist Teil des „Schnees“, wenn ein Sender schlecht eingestellt ist.
„Nur bis zu diesem Zeitpunkt konnten wir bislang sehen“, sagt Hüttemeister. Es war wie eine Wand. „Doch auf der Wand der Strahlung zeichnen sich Schwankungen ab, Signale des Urknalls“, erklärt sie. Also vermaßen die Bicep-Wissenschaftler drei Jahre lang mit ihrem Radioteleskop diese Hintergrundstrahlung und suchten nach Hinweisen auf Gravitationswellen, die eine ultraschnelle Ausdehnung des Universums hinterlassen haben muss.
Wellen jagen durch den Weltraum
Gravitationswellen jagen durchs All und stauchen den Raum ein winziges bisschen – vergleichbar mit kleinen Wellen auf einem Teich nach einem Steinwurf. Diese Unregelmäßigkeiten mussten sich in der Analyse der Hintergrundstrahlung zeigen, so die Idee. Und genau diese Spuren haben die US-Forscher in dem aufgezeichneten Datenwust offenbar aufgespürt.
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Das Signal sei überraschend deutlich, „wir sehen ein direktes Abbild der Gravitationswellen“, ist John Kovac überzeugt. Damit wurde auch Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie bestätigt, in der Gravitationswellen beschrieben werden. Allerdings glaubte er nicht, dass sie jemals entdeckt werden könnten.
Die Forscher haben keine neuen Welten entdeckt, doch haben sie bisherige Theorien belegt: Die Vorgänge nach dem Urknall haben sich wie vermutet abgespielt. Hüttemeister: „Die Sensation der Arbeit liegt in der Bestätigung unserer bizarren Modelle.“ Und sie ist ein großer Fortschritt im Verständnis vom Anfang aller Dinge.