London/Moskau. . Die Gespräche über die Ukraine am Freitag endeten ergebnislos. Mehr als sechs Stunden verhandelten US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow in London vergeblich hinter verschlossenen Türen. Moskau rüstet derweil in der Grenzregion weiter auf.
Es war der vielleicht letzte Versuch für eine Beilegung der Krim-Krise vor dem Referendum an diesem Sonntag über den Anschluss der ukrainischen Halbinsel an Russland: Mehr als sechs Stunden verhandelten US-Außenminister John Kerry und sein russischer Amtskollege Sergej Lawrow in London hinter verschlossenen Türen – ohne Ergebnis. „Wir haben keine gemeinsame Sicht“, bilanzierte Lawrow knapp nach dem Treffen. Kerry betonte, die USA und die internationale Gemeinschaft würden das Ergebnis des Krim-Referendums nicht anerkennen. Er äußert sich zudem besorgt über russische Truppenstationierung an der Grenze.
Denn Moskau verschärfte den Druck auf die Ukraine. Auf der Krim tauchte gestern schwere russische Artillerie auf. Die Nachrichtenagentur Unian ortete dort mehr als ein Dutzend S 300-Raketensysteme, außerdem fünf moderne „Hyazinth“-Geschütze sowie eine Kolonne mit zwölf „Uragan“-Raketensalvenwerfern.
Neue russische Manöver
Zuvor hatten russische Streitkräfte bereits neue Manöver an der ukrainischen Ostgrenze gestartet. Laut der Nachrichtenagentur ITAR-Tass sollen die Übungen in den Grenzregionen Rostow, Belgorod und Kursk bis Ende des Monats dauern, Anwohner filmten bei der Bahnstation Wesjolaja Lopan 30 Kilometer von der ukrainischen Grenze einen Zug mit Panzern. Viele Ukrainer befürchten nun, Russland werde unter diesem Vorwand nach der Krim auch die Ostukraine militärisch besetzen.
Gleichzeitig kam es in der ostukrainischen Stadt Donezk zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen pro-russischen und pro-ukrainischen Demonstranten. Eine Kundgebung für die Einheit der Ukraine und eine Gegendemonstration endeten in Massenschlägereien. Auf einem Video, das das Nachrichtenportal Novosti Donbassa veröffentlichte, attackieren Männer, die „Russland, Russland!“ und „Auf die Knie!“ skandieren, mit Steinen, Feuerwerkskörpern und Fäusten eine Gruppe Ukrainer, die sich mit Pfeffergas wehren und schließlich Zuflucht in Polizeibussen finden. 29 Menschen wurden verletzt, ein Mitglied der rechtsextremen antirussischen Partei „Swoboda“ starb an einem Messerstich.
Gestern aber verkündete das russische Außenministerium auf seiner Internetseite, bei den „tragischen Ereignissen“ in Donezk hätten ukrainische Rechtsradikale friedliche prorussische Demonstranten überfallen. Die Kiewer Staatsmacht kontrolliere die Lage nicht mehr. Und weiter: „Russland ist sich seiner Verantwortung für Landsleute und Mitbürger in der Ukraine bewusst und behält sich das Recht vor, die Menschen unter seinen Schutz zu nehmen.“
„Militärschlag ist möglich“
Der ukrainische Geheimdienst SBU teilte mit, in der Nacht zu Mittwoch sei eine Gruppe russischer Militärspione im Gebiet um die Stadt Cherson gefasst worden, die versucht hätte, ukrainische Einheiten auszuspionieren. „In den nächsten Tagen droht eine massierte Destabilisierung des Südens und des Ostens der Ukraine“, sagte Andrei Illarionow, Ex-Wirtschaftsberater von Wladimir Putin. „Auch ein Militärschlag ist möglich.“ Der Kiewer Politologe Wadim Karasjew glaubt, noch werde Russland keinen Einmarsch riskieren.
Das zumindest betonte am Freitagabend auch Russlands Außenminister Sergej Lawrow nach dem Gespräch mit John Kerry in London: Es gebe im Kreml keine Pläne für eine Invasion in die Ukraine.