Berlin/Wiesbaden. Neben dem Politiker Sebastian Edathy ist auch ein hoher Beamter des Bundeskriminalamtes als Kunde eines kanadischen Kinderporno-Anbieters aufgeflogen. Das berichtet “Spiegel Online“. Die Bilder, die er bestellte, sollen eindeutig kriminell gewesen sein. Trotzdem wurde das Verfahren gegen den Mann eingestellt.

Ein Spitzenbeamter des Bundeskriminalamtes (BKA) ist nach Informationen von "Spiegel Online" des Besitzes von kinderpornografischem Material überführt und vorzeitig in den Ruhestand geschickt worden. Er habe sogenannte Posing-Bilder bei demselben kanadischen Anbieter bezogen, bei dem auch der SPD-Politiker Sebastian Edathy bestellt habe. Anders als bei Edathy sei das bei dem BKA-Mann sichergestellte Material "unzweifelhaft illegal und strafrechtlich relevant" gewesen, schrieb "Spiegel Online" am Freitag.

Das BKA in Wiesbaden hatte am Freitagabend zunächst keine Stellung nehmen wollen, äußerte sich wenig später aber in einer schriftlichen Stellungnahme ausführlich zu dem Fall.

Umstritten ist, wann der Mann entlassen wurde

Laut "Spiegel Online" hatte die Behörde den Fall Anfang 2012 an die Staatsanwaltschaft Mainz übergeben. Ende desselben Jahres sei das Verfahren mit einem Strafbefehl eingestellt worden. Erst ein Jahr später, Ende 2013, sei der BKA-Beamte in den vorzeitigen Ruhestand versetzt worden.

Dazu erklärte das BKA, der Bericht erwecke den unzutreffenden Eindruck, dass der Beamte noch ein Jahr nach Rechtskraft eines Strafbefehls seinen Dienst ausgeübt habe. "Richtig ist, dass der Beamte zu diesem Zeitpunkt nicht mehr dienstlich tätig war."

Edathy fiel den Ermittlern zunächst nicht auf

Edathys Name war der Polizei erst im Oktober 2013 in dem Beweismaterial aus Kanada aufgefallen. Dazu erklärte das BKA am Freitagabend, bei einer Grobsichtung der von kanadischen Behörden übergebenen Festplatte mit etwa 800 Kundennamen sei einer BKA-Mitarbeiterin "am 10. Januar 2012 der Name des ihr persönlich bekannten und als Kunde geführten Beamten" aufgefallen.

Dass der Name Edathy der BKA-Mitarbeiterin nicht aufgefallen sei, sei plausibel", heißt es in der Erklärung aus Wiesbaden weiter: "Edathy stand zu diesem Zeitpunkt noch nicht derart im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung."

Harsche Kritik aus Berlin am BKA

Scharfe Kritik am BKA kam noch am Freitagabend aus der Politik. Die Linke forderte umgehend eine Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestages, zu der nicht nur BKA-Chef Jörg Ziercke, sondern auch die Leiter der betroffenen Abteilungen geladen werden müssten. Es solle vor allem überprüft werden, ob die Zeitabläufe, wie sie auch von Ziercke dargestellt worden seien, überhaupt stimmen könnten, teilte der Fraktionsvize der Linken, Jan Korte, mit.

"Die ganze Geschichte stinkt zum Himmel", sagte der Vize-Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Konstantin von Notz, "Handelsblatt Online". "Sollten diese Information stimmen, hat der BKA-Präsident dem Innenausschuss in zwei Sondersitzungen wesentliche Vorgänge vorenthalten und dadurch werden sämtliche dargestellten Zeitabläufe in Sachen BKA und Edathy in Frage gestellt."

Ähnlich äußerte sich CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl. "Es ist durch diese Enthüllung noch unglaubwürdiger geworden, dass der Name Edathy zwei Jahre von keinem BKA-Beamten erkannt worden sein soll", sagte Uhl "Handelsblatt Online".

BKA klagte über eine Flut von Kinderporno-Fällen

Edathy hatte sein Bundestagsmandat am 7. Februar nach über 15 Jahren niedergelegt. Der Fall hatte eine schwere Krise in der großen Koalition ausgelöst: Weil Hans-Peter Friedrich (CSU) SPD-Chef Sigmar Gabriel im Oktober als damaliger Innenminister von dem Verdacht gegen Edathy informiert und dies SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann jüngst öffentlich gemacht hatte, trat Friedrich zurück.

Verzögerungen bei den Ermittlungen gegen den ehemaligen Bundestagsabgeordneten Edathy hatte Ziercke bereits früher mit einer Flut von Kinderpornografie-Fällen begründet. Da müsse man entscheiden, hatte er am Dienstag in der ARD gesagt. "Bearbeitet man das eine oder das andere." Im November 2011, als die Festplatte aus Kanada kam, die schließlich auf Edathy hinwies, "hatten wir ein anderes Verfahren harter Kinderpornografie mit 1100 Beschuldigten zu ermitteln". (dpa)