Essen. . Böse Überraschung für die rund 20 Millionen Rentner in Deutschland: Auch sie müssen die geplanten Reformen mit erheblichen Einbußen bezahlen. Grund ist, dass die Regierung die neuen Ausgaben etwa für Mütter oder Frührentner weitgehend von den Versicherten bezahlen lässt.

Böse Überraschung für die rund 20 Millionen Rentner in Deutschland: Auch sie müssen die geplanten Reformen mit erheblichen Einbußen bezahlen. Ihre Rentenerhöhung wird im kommenden Jahr um 0,8 Prozentpunkte niedriger ausfallen. Bei einer Rente von 1000 Euro im Monat macht das acht Euro aus.

Im Jahr summieren sich die Verluste auf 96 Euro. Das teilte die Deutsche Rentenversicherung am Montag bei einer Expertenanhörung im Bundestags-Sozialausschuss mit. Grund ist, dass die Regierung die neuen Ausgaben etwa für Mütter oder Frührentner weitgehend von den Versicherten bezahlen lässt. Vor allem für die jährlich 6,7 Milliarden Euro teure Mütterrente wird der Beitragssatz bei 18,9 Prozent belassen, obwohl er auf 18,3 Prozent hätte sinken müssen.

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Von Stefan Schulte

Doch die Beitragszahler bluten nicht allein: Die Formel für die Rentenanpassungen will es, dass bei höheren Beiträgen die Renten weniger steigen. Nach Berechnungen dieser Redaktion müssen alle Rentner deshalb ab 2015 auf insgesamt knapp zwei Milliarden Euro jährlich verzichten. Dieser „Nebeneffekt“ war vielen bisher nicht bewusst. Auch, weil die Regierung stets den Eindruck vermittelt hat, ihre Vorhaben könnten allein aus der Rücklage der Rentenkasse bezahlt werden.

„Wer so etwas in einer Klausur schreiben würde, bekäme eine Fünf"

Weil die höheren Ausgaben auch in den Folgejahren anfallen, trifft das auch alle künftigen Rentner. Das Sozialministerium räumt in seinem Gesetzentwurf ein, das Rentenniveau werde im Zuge der Reformen stärker sinken als bisher geplant – bis 2030 auf 43,7 statt 44,4 Prozent des durchschnittlichen Einkommens nach Abzug der Sozialabgaben.

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Selbst innerhalb der Koalition hatten vor allem SPD-Politiker bis zuletzt gefordert, die höhere Mütterrente nicht aus Beiträgen, sondern aus Steuern zu finanzieren, damit auch Beamte und Selbstständige die Erziehungsleistung würdigen. „Dann hätten wir auch diese negativen Effekte für Rentner und Beitragszahler nicht. Doch das war mit der Union kaum zu machen“, sagte Katja Mast, sozialpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, dieser Redaktion. Trotzdem verteidigt sie die Reform: „Es ist ein Kompromiss, um die Verbesserungen für langjährig Beschäftigte und Mütter hinzubekommen.“

Deutliche Worte findet Rentenexperte Bernd Raffelhüschen von der Uni Freiburg: „Familienleistungen aus Sozialbeiträgen zahlen zu wollen – wer so etwas bei uns in einer Klausur schreiben würde, bekäme eine Fünf.“