Washington. Mit “Pik Ass“ in den Tod: Der Fall des Oscars-Preisträgers Philip Seymour Hoffman, in dessen Wohnung nach Polizei-Informationen Dutzende Papierumschläge mit Heroin gefunden wurden, wirft in den USA ein grelles Schlaglicht auf die tödliche Renaissance einer der gefährlichsten Drogen.

Die Zahl von Heroin-Konsumenten in den USA ist binnen fünf Jahren (2007-2012) um 80 Prozent auf rund 670.000 nach oben geschnellt. Die Zahl der Abhängigen hat sich zwischen 2002 und 2012 auf rund 500.000 verdoppelt. Die Zahlen des Gesundheitsministeriums lassen aufschrecken. Auch bedingt durch höhere Reinheitsgrade ist die Zahl von tödlichen Überdosierungen im etwa gleichen Zeitraum um 55 Prozent auf 3100 Fälle im Jahr gestiegen. Das sind mehr Opfer als sie bei tödlichen Autounfällen zu beklagen sind.

Anders als bei vorangegangenen Heroin-Wellen in den 60er und 80er Jahren ist die Droge kein Phänomen der Metropolen mehr, sagen Fahnder. Auch ländliche Gegenden und Vorstädte hätten mit der Seuchen-ähnlichen Ausbreitung zu kämpfen, heißt es beim Nationalen Institut für Drogenmissbrauch. Der Gouverneur des idyllische Bundesstaates Vermont an der kanadischen Grenze, Peter Shumlin, stellte vor wenigen Wochen seine traditionelle Jahresrede ganz in den Dienst der Heroin-Aufklärung: "Wir sind im Würgegriff der Droge."

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Heroin-Produktion in Lateinamerika drastisch angewachsen

Als Ursache für die weite Verbreitung von Heroin machen Experten wie Gil Kerlikowski, Berater von Präsident Obama, parallele Entwicklungen aus. So ist die Produktion von Heroin in Latein- und Mittelamerika drastisch angewachsen. Indiz: An der Grenze zwischen den USA und Mexiko ist die Menge abgefangenen Heroins zwischen 2008 und 2012 um über 200 Prozent gestiegen.

Dazu wirkt sich der Behörden-Kampf gegen Morphin-haltige Schmerzmittel (Oxycodon) auf Rezept aus, die für viele Erstkonsumenten lange Zeit den Einstieg in den Drogenkonsum erleichterten. "Zu teuer und zu schwer zu kriegen, Heroin ist viel billiger", sagte ein Drogenfahnder der DEA gestern im Fernseh-Interview.

"Ein Stoff, der ein Pferd töten kann"

Erschwerend kommt hinzu, dass sich seit wenigen Monaten tragische Fälle häufen, bei denen Heroin mit dem synthentischen Opiat und Schmerzmittel Fentanyl verschnitten wurde. Eine Mischung, die nach Angaben von Medizinern die Wirkung der Ursprungsdroge um den Faktor 100 erhöhen kann. Lähmungen und Atemstillstand können die Folge sein.

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In mehreren Bundesstaaten an der amerikanischen Ostküste, von Rhode Island über Pennsylvania bis Maryland vor den Toren Washingtons, starben in den vergangenen vier Monaten über 60 Menschen an den Misch-Produkten, die unter den Namen "Theraflu", "Bud Ice" oder "24K" zu haben sind. Über den Inhalt schweigen sich die Dealer aus. "Die Kunden denken, sie kaufen reguläres Straßenheroin", sagt Thomas Carr von der Drogenkontrolle der Region Washington-Baltimore dem "Wall Street Journal", "stattdessen kriegen sie einen Stoff, der ein Pferd töten kann."

Knapp 70 Heroin-Päckchen in der Wohnung

Bill Peduto, Bürgermeister von Pittsburgh, wo zuletzt binnen weniger Wochen über 20 Heroin-Tote gezählt wurden, rief potenzielle Konsumenten zu erhöhter Wachsamkeit auf. "Es wird sie umbringen, die Gefahr kann nicht hoch genug eingeschätzt werden."

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Ob unter den knapp 70 Heroin-Päckchen, die nach Polizei-Informationen in der New Yorker Wohnung von Seymour Hoffmann neben anderen Utensilien für den Heroin-Gebrauch gefunden wurden, ebenfalls mit Fentanyl gestreckte Dosen waren, wird noch untersucht. Wie Ermittler der "New York Post" sagten, stand auf Hoffmans Päckchen die Aufschrift "Pik-Ass" und "Herz-Ass"; zwei Szene-Label für Heroin, die man seit sechs Jahren in New York nicht gesehen habe.

New York einer der Hauptumschlagplätze

Die Behörden in der Millionen-Metropole sind alarmiert. 2013 stellten die Drogenfahnder im "Big Apple" allein 144 Kilogramm Heroin im Wert von 43 Millionen Dollar sicher - 20 Prozent der landesweit abgefangenen Menge.

Erst vor wenigen Tagen hat die Drogenfahndung DEA im Stadtteil Bronx eine Verarbeitungsstätte auffliegen lassen, in der Heroin im Wert von acht Millionen Dollar auf Verteilung wartete. Hunderttausende kleiner Päckchen wurde dort sichergestellt. "Damit hätte man weite Teil des Nordostens Amerikas einige Zeit versorgen können", sagte ein beteiligter Fahnder.