Essen. Dass die riesigen Sattelschlepper für die Be- und Abnutzung der Autobahnen Maut zahlen müssen, stellt niemand mehr in Frage. Jetzt fordern auch die Kommunen, dass sie nicht auf den Kosten für Straßenschäden durch den Schwerlastverkehr sitzen bleiben. Erste SPD-Politiker teilen diese Sicht.
Der bundesweite Streit um Benutzungsgebühren für das deutsche Straßennetz spitzt sich zu. Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen wollen Lkw auf den kommunalen Straßen künftig zur Kasse bitten und so eine 2,1 Milliarden Euro große Lücke in ihren Etats stopfen – Geld, das die Stadtkassen an Rhein und Ruhr zur Sanierung kommunaler Straßen und Brücken dringend brauchen. Die Kommunen bilden hier eine Allianz mit NRW-Verkehrsminister Michael Groschek (SPD).
Nur eine Einzelmeinung?
Die Lkw-Maut müsse auch auf Stadtstraßen gelten, fordert Bernd Jürgen Schneider, der Hauptgeschäftsführer des NRW-Städte- und Gemeindebundes: „Praktisch jeder Verkehr beginnt oder endet im kommunalen Straßennetz.“ Derzeit würde dieses wegen der chronischen Unterfinanzierung der Kommunen „dramatisch an Wert verlieren“.
Ruhe gibt es auch nicht in der von der CSU vor der letzten Bundestagswahl auf die Tagesordnung gesetzten Frage der Pkw-Maut. Erstmals fordert mit dem neuen Bundestags-Verkehrsausschusschef Martin Burkert ein Sozialdemokrat eine entfernungsabhängige Abgabe für Personenautos – im Gegensatz zur CSU aber nicht nur für Ausländer. Burkerts Vorschlag gegenüber der Berliner Zeitung „Tagesspiegel“ sieht eine „große Lösung“ vor: Die Zusammenlegung von Mineralöl- und Kraftfahrzeugsteuer sowie eine „streckenbezogene Maut“ mit preiswerteren Sondertarifen für umweltfreundliche Elektro- und Gasautos als Kombination.
Wenig Beifall aus den eigenen Reihen
In seiner Partei stößt die Idee des SPD-Politikers aber auf heftigen Widerstand. Fraktionsvize Sören Bartol bremste ihn aus, sprach von einer „Einzelmeinung“. Reinhard Meyer (SPD), der Vorsitzende der Konferenz der Landesverkehrsminister, sagte an die Adresse des Parteifreundes, er hätte sich gewünscht, dass Burkert zunächst die „Länderfachminister einbezogen“ hätte.
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Dass das Thema so heftig diskutiert wird, liegt an Unklarheiten im schwarz-roten Koalitionsvertrag – und dem immer schlechteren Zustand des bundesdeutschen Verkehrsnetzes. Landesverkehrsminister gehen davon aus, dass inzwischen jedes Jahr vier bis sieben Milliarden Euro für Sanierung und Instandsetzung fehlen. Woher soll das Geld kommen? NRW-Minister Groschek will mehr durch eine ausgeweitete Lkw-Maut einnehmen. Sie soll nicht nur auf Autobahnen, sondern auf „allen Straßen“ gelten. „Lkw-Verkehr fügt den Straßen den größten Schaden zu. Deshalb muss er stärker als andere am Erhalt beteiligt werden“, sagte er der „Rheinischen Post“.
Hürden für die Neuregelung
Ob das so schnell möglich ist, ist aber offen. Nach WAZ-Informationen kann eine Neuregelung für die Lkw-Maut nicht getroffen werden, solange es keine Klarheit über die künftigen Eigentümerstrukturen der Betreibergesellschaft „Toll Collect“ gibt. Derzeit haben hier Daimler und Telekom eine Beteiligung. Der Bund denkt darüber nach, 2015 ihre Anteile zu kaufen.
Zudem dürften tendenziell die Einnahmen aus der heutigen Lkw-Maut, rund vier Milliarden Euro, sinken: Erstens, weil die Gebühr einen Rabatt auf schadstoffarme Fahrzeuge vorsieht. Immer mehr Lkw fahren sauber. Zweitens, weil die Rechnungsgrundlage für die Maut strittig ist. Der Bundesverband für den Güterverkehr BGL hat eine Klage gegen die dabei vorausgesetzten hohen kalkulatorischen Zinsen eingereicht. Das Kölner Verwaltungsgericht soll darüber noch 2014 entscheiden.