Düsseldorf. . In einer Talkshow hat die Ministerpräsidentin erklärt, warum sie „nie, nie, nie“ Kanzlerkandidatin werden möchte und warum die Käseglocke in Berlin für sie nicht in Frage kommt. Kraft plauderte auch über ihre Freundschaft zu Mariele Millowitsch, von der sie sich gerne aufmuntern lässt.

So entspannt und erholt hat man Hannelore Kraft schon seit Monaten nicht mehr erlebt. Am letzten Tag ihres knapp dreiwöchigen Winterurlaubs setzte sich die NRW-Ministerpräsidentin überraschend in die WDR-Talksendung „Kölner Treff“ von Bettina Böttinger. Bei der Gesprächsrunde sollte es um Familie und Freundschaft gehen, für Kraft hätte es aber auch ein alter Titel von Marius Müller-Westernhagen getan: „Ich bin wieder hier, in meinem Revier.“

„So erschöpft wie noch nie“

Die SPD-Politikerin erläuterte im Fernsehen erstmals so offen, wie bislang nur in vertraulicher Runde, warum sie vor Weihnachten rückhaltlos klargestellt hatte, sie wolle „nie, nie Kanzlerkandidatin“ werden. „Der ganze Mist“ mit den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen habe ihr arg zugesetzt. „Ich war so erschöpft wie noch nie in meinem Leben“, berichtete sie. Zwischen den Jahren habe sie enorm viel geschlafen.

Berlin sei zwar eine wunderschöne Stadt, aber unter der politischen „Käseglocke“ der Hauptstadt fühle sie sich auf Dauer nicht wohl, bekannte Kraft. Während der Koalitionsverhandlungen musste sie sich von der Schauspielerin Mariele Millowitsch, die seit einigen Jahren eine enge Freundin ist und an diesem Abend ebenfalls bei Böttinger sitzt, per SMS und Anruf aufmuntern lassen.

Der Kontakt zu Freunden, Familie und Nachbarschaft in Mülheim, daran ließ Kraft keinen Zweifel, sind für die NRW-Ministerpräsidentin unverzichtbare Antennen in den Alltag normaler Menschen. Mit Millowitsch etwa geht sie gern ins Theater oder duelliert sich bei Spielabenden („Activity“ oder „Nilpferd in der Achterbahn“). Kraft hat im Ausland studiert und gearbeitet, ist heute aber in ihrer Heimat verwurzelt wie wenige Spitzenpolitiker.

Erinnerungen an Kurt Beck

Parteifreundschaft, führte Kraft aus, sei für sie etwas anderes als richtige Freundschaft. Obwohl man sich in der SPD-Spitze im Zuge der Koalitionsverhandlungen zuletzt deutlich näher gekommen sei, versuche sie weiterhin, „mich herauszuhalten“. Zu präsent sind offenbar die Erinnerungen an den Sturz des ehemaligen Parteichefs Kurt Beck 2008 bei einer Klausurtagung am Schwielowsee bei Potsdam. „Das hat mich angewidert. Das war das Schlimmste, was ich je erlebt haben in der Politik“, sagte Kraft.

Ein Leben ohne Politik ist für die Ministerpräsidentin zumindest vorstellbar. Sie habe als Bankkauffrau und Diplom-Ökonomin etwas Ordentliches gelernt und „könnte auch immer in die Wirtschaft zurück“.