Addis Abeba/Nairobi. Seit Wochen versinkt der Südsudan in einem Strudel aus Gewalt. Experten zufolge sind noch mehr Menschen gestorben, als bislang angenommen. Die Zahl der Opfer wird auf 10.000 geschätzt. Und die schweren Kämpfe gehen weiter - denn ein Durchbruch bei den Friedensgesprächen lässt auf sich warten.

Der blutige Konflikt im Südsudan hat nach Schätzung des Forschungsinstituts International Crisis Group bereits bis zu 10.000 Menschen das Leben gekostet. Dies berichtete die "New York Times" am Freitag auf ihrer Internetseite. Damit läge die Zahl der Opfer deutlich über einer früheren Schätzung der Vereinten Nationen, die am 26. Dezember noch von etwa 1000 Getöteten ausgegangen waren.

"Angesichts der Intensität der Kämpfe an mehr als 30 verschiedenen Schauplätzen in den vergangenen drei Wochen, haben wir eine Opferzahl, die an die 10.000 heranreicht", sagte eine Expertin der Crisis Group.

Die Kämpfe gingen auch am Freitag unvermindert weiter. Nach Angaben eines Sprechers von Präsident Salva Kiir konnten Regierungstruppen die strategisch wichtige Stadt Bentiu im ölreichen Bundesstaat Unity zurückerobern, die vor rund zwei Wochen in Rebellenhände gefallen war. "Wir haben Bentiu unter Kontrolle gebracht", hieß es in einer Mitteilung. Eine Bestätigung der Opposition gab es zunächst nicht. Bereits vor Tagen waren zahlreiche Bürger auf das Gelände einer UN-Einrichtung in Bentiu geflüchtet.

Friedensverhandlungen stehen offenbar still

Zugleich berichtete die "New York Times" über Zweifel der US-Regierung an der Darstellung Kiirs, dass ein Putschversuch im Dezember Auslöser des Gewaltausbruchs war. Hierfür lägen keine Anzeichen vor, berichtete eine Vertreterin des US-Außenministeriums vor einem Senatsausschuss in Washington.

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Derweil sind die Friedensverhandlungen zwischen Delegationen der Konfliktparteien offenbar zunächst zu einem Stillstand gekommen. Seit Mittwoch habe es in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba keine direkten Gespräche mehr gegeben, erklärte ein Sprecher der ostafrikanischen Regionalorganisation IGAD, die in dem Konflikt vermittelt. Jedoch war am Freitag ein neues Treffen geplant.

"Unser Team hat immer weniger Hoffnung, dass es Fortschritte bei den Gesprächen geben wird", sagte ein Mitglied der Rebellendelegation der Nachrichtenagentur dpa. "Es kann keinen Durchbruch oder eine Einigung auf einen Waffenstillstand geben, solange Präsident Kiir es ablehnt, die elf festgenommenen Politiker freizulassen."

Über 200.000 Menschen sind auf der Flucht

Die Männer waren im Dezember im Zuge des angeblichen Putsches in Haft genommen worden. Für die Rebellen ist ihre Freilassung und eine Teilnahme an den Verhandlungen eine Grundvoraussetzung für eine Waffenruhe. "Beides kommt zusammen in einem Paket, das haben wir immer gesagt", betonte Rebellensprecher Hussein Mar Nyuot.

Die UN-Friedensmission im Südsudan berichtete, in mehreren Regionen sei es zu Plünderungen gekommen. So seien von den Rebellen in Bor und Bentiu Autos von UN-Organisationen beschlagnahmt und humanitäre Güter aus Lagerhallen gestohlen worden. "Das ist inakzeptabel", sagte UNMISS-Chefin Hilde F. Johnson. "Ich fordere den Anführer der oppositionellen Kämpfer, Riek Machar, auf, seinen Männern zu befehlen, die Operationen der UN und anderer humanitärer Organisationen zu respektieren." In dem Krisenland sind über 200.000 Menschen auf der Flucht. (dpa)