Johnnesburg/Juba. Der Südsudan ist der jüngste Staat der Welt. Erst 2011 wurde er nach einem blutigen Krieg unabhängig - und jetzt droht schon wieder ein Bürgerkrieg. Warum der Konflikt zwischen dem Präsidenten und seinem früheren Vize im Südsudan so gefährlich ist: eine Analyse.

Vieles in dem ­südsudanesischen Konflikt erinnert an die Zeit, bevor der Völkermord in Ruanda 1994 begann. Damals töteten Angehörige der Hutu-Mehrheit fast zwei Drittel der Tutsi-Minderheit im Land – etwa 800.000 ­Menschen. Auch im jüngsten Staat der Welt – Südsudan, erst 2011 nach blutigem Bürgerkrieg unabhängig geworden – stehen sich die beiden größten Volksgruppen des Landes gegenüber: Die Dinka, zu denen Präsident Salva Kiir gehört, und die Nuer, denen der frühere Vize-Präsident Rieck Machar angehört. Die Differenzen der beiden Männer stürzen das Land in den Abgrund.

„Das Morden muss ein Ende haben“

„Das Morden muss ein Ende ­haben“, sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) am Freitag. Keine der beiden Seiten dürfe sich den Vermittlungsbe­mühungen der afrikanischen Nachbarn entziehen. Bei der jüngst ­eskalierten Gewalt sind Berichten zufolge bereits Tausende Menschen getötet worden. Mehr als 120.000 Menschen sollen nach UN-Angaben auf der Flucht sein.

In Kenias Hauptstadt Nairobi sind angesichts des befürchteten Ausbruchs eines Bürgerkriegs die Regierungschefs ostafrikanischer Länder zu einer Krisenberatung ­zusammengekommen. Doch bei dem außerordentlichen Gipfel­treffen der ostafrikanischen Regionalorganisation Igad waren weder der Präsident des Südsudan, Kiir, noch sein Rivale Machar anwesend.

Blauhelm-Truppen werden verdoppelt

Der UN-Sicherheitsrat hat am Dienstag die Aufstockung der ­UN-Blauhelm-Truppen von derzeit 6800 auf 12.500 beschlossen; wann die Verstärkung ankommt, ist offen, ebenso wie die Frage, ob sie etwas bewirkt. Mittlerweile häufen sich die ­Berichte über Fälle „ethnischer Säuberungen“ vor allem zwischen ­ den Dinka und den Nuer.

Die UN-Menschenrechtskommission in Genf will von mindestens drei Massengräbern in Bentiu und Juba erfahren haben: In Bentiu ­wurden offenbar mehrere Dutzend Dinka-Soldaten getötet, in Juba zählen vor allem Nuer zu den Opfern.

In das UN-Hauptquartier in Juba geflohene Nuer berichten von mehreren Massakern, die in den ersten ­Tagen der Unruhen unter jungen Männern angerichtet worden seien: In einem Fall sollen rund 250 junge Nuer in ein Gebäude gepfercht worden sein – anschließend hätten Soldaten das Feuer eröffnet und sämt­liche Insassen umgebracht. Nur zwölf Männer hätten überlebt.

„Die SPLA ist nicht perfekt“

Der Sprecher der Südsuda­nesischen Befreiungsarmee SPLA, Philip Aguer, räumte ein, dass es zu Übergriffen seiner Männer gekommen sein könnte. „Die SPLA ist nicht perfekt“, sagte Aguer: „Es mag Leute geben, die sich nicht als ­nationale Soldaten verstehen.“

Präsident Kiir, der den Südsudan seit dessen Abspaltung vom Sudan vor zweieinhalb Jahren regiert, wird ein zunehmend autokratischer ­Regierungsstil vorgeworfen. Im Juli feuerte Kiir sein gesamtes Kabinett einschließlich seines Stellvertreters Rieck Machar: Dieser hatte gemeinsam mit anderen führenden Politikern auf demokratische Reformen innerhalb der regierenden Südsudanesischen Befreiungsbewegung SPLM gedrängt.

Der frühere Vize-Präsident lebt im Versteck

In einer Sitzung der Parteispitze in Juba kam es am 15. Dezember erneut zum Eklat zwischen Kiir und den Reformern um Machar, die das Treffen unter Protest verließen. Noch in der Nacht griffen Regierungssoldaten Machars Residenz an, anschließend kam es in der Kaserne der Präsidentengarde zu heftigen Kämpfen. Am Morgen danach sprach Präsident Kiir vor der Presse von einem gescheiterten Putsch­versuch: Ein Vorwurf, den Machar dementiert.

Während dem ehemaligen Vizepräsidenten gerade noch die Flucht aus Juba gelang – Machar hält sich seitdem an einem unbekannten Ort innerhalb des Landes auf – wurden mehrere ehemalige Minister festgenommen; von ihrer Freilassung macht Machar jetzt die Aufnahme von Gesprächen mit Kiir abhängig – eine Bedingung, die der Präsident bisher nicht akzeptiert.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte die Streitparteien im Südsudan auf, ihre Differenzen friedlich zu lösen. „Ich warne alle, dass sie sich wegen eventueller ­Verbrechen werden verantworten müssen“, sagte er.