Juba/New York. Hunderte Tote, Zehntausende Flüchtlinge und Vertriebene: Die Lage im Südsudan eskaliert. Knapp zwei Wochen nach Ausbruch der Unruhen ruhen die Hoffnungen auf einem Krisengespräch in Juba. Die Vereinten Nationen rufen zu einer Friedenslösung auf und stocken die Blauhelm-Truppe massiv auf.
Knapp zwei Wochen nach dem Ausbruch blutiger Unruhen im Südsudan haben Krisengespräche über ein Ende der Gewalt in dem afrikanischen Land begonnen.
In der Hauptstadt Juba kam Präsident Salva Kiir am Donnerstag mit seinem kenianischen Amtskollegen Uhuru Kenyatta sowie dem äthiopischen Regierungschef Hailemariam Desalegn zusammen. Diese versuchen, in dem Konflikt zu vermitteln. Angesichts Hunderter Toter und Zehntausender Flüchtlinge rief UN-Generalsekretär Ban Ki Moon die Konfliktparteien zu einer friedlichen Lösung in dem vor zweieinhalb Jahren gegründeten Staat auf.
Südsudans entlassener Vizepräsident Riek Machar, der mit Staatschef Kiir verfeindet ist, nahm allerdings nicht an dem Treffen teil. Er erklärte sich in einem Interview zwar zu Friedensgesprächen bereit. Diese müssten aber in der äthiopischen Hauptstadt Addis Abeba stattfinden, forderte der inzwischen untergetauchte Politiker.
Welthungerhilfe warnt vor einer humanitären Katastrophe
Ein Machtkampf zwischen Präsident Kiir und Vizepräsident Machar ist Hintergrund der schweren Unruhen in dem ölreichen Land. Beide gehören verschiedenen Volksgruppen an: den Dinka und den Lou Nuer. Ihre Animositäten gehen mehr als zwei Jahrzehnte zurück, als beide rivalisierenden Rebellengruppen angehörten. Kiir hatte Machar im Juli als Vizepräsidenten entlassen und die Regierung aufgelöst. Machar wirft dem Präsidenten einen diktatorischen Stil vor und fordert dessen Rücktritt.
"Ich warne alle, dass sie sich wegen eventueller Verbrechen werden verantworten müssen", sagte UN-Generalsekretär Ban in einer Radio- und Videobotschaft. "Der Südsudan ist in Gefahr. Aber er ist nicht allein". "Wir wissen, dass viele von Ihnen unter furchtbaren Angriffen gelitten haben. Familien sind auf der Flucht, haben geliebte Menschen verloren und sind voller Trauer. Viele wurden wegen ihrer Volkszugehörigkeit angegriffen. Das ist eine schwere Verletzung der Menschenrechte."
Die Welthungerhilfe warnte vor einer humanitären Katastrophe "kaum vorstellbaren Ausmaßes" im Südsudan. Die Situation spitze sich täglich zu. Es besteht zudem die Gefahr, dass Seuchen wie Cholera ausbrechen, wie Welthungerhilfe-Vorstand Mathias Mogge in Bonn sagte. Die Organisation stelle 100.000 Euro Soforthilfe zur Verfügung.
Mehr als 90.000 Menschen sind bereits geflohen
Die UN hatten am Dienstag eine deutliche Verstärkung ihrer Truppen im Südsudan von 7000 auf 11.500 Mann beschlossen. Damit können dort rund 13.000 Blauhelme und Polizisten eingesetzt werden.
Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) begrüßte die Entscheidung. "Wir müssen jetzt verhindern, dass aus den Kämpfen ein ethnisch motivierter Bürgerkrieg wird, der das ganze Land erfasst", erklärte er.Die UN-Menschenrechtskommissarin Navi Pillay hatte am Dienstag vom Fund mehrerer Massengräber in Unity sowie nahe Juba berichtet sowie von Massenexekutionen ohne jedes Gerichtsverfahren. Auch gebe es Berichte über gezielte Tötungen wegen Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe und willkürliche Festnahmen.
Vor den Kämpfen sind nach UN-Angaben inzwischen mindestens 90.000 Menschen geflohen. Das UN-Büro zur Koordination der Nothilfe (OCHA) forderte am Mittwoch in einer Erklärung, bis März mindestens 166 Millionen Dollar (rund 121 Millionen Euro) zum Unterhalt der Flüchtlingslager sowie für Lebensmittel und zur Gesundheitsvorsorge. Die Welthungerhilfe warnte vor einer "schweren humanitären Katastrophe im Südsudan". In den Flüchtlingslagern drohe Seuchengefahr, hieß es am Donnerstag in einer Erklärung.
EU schickt einen Sonderbeauftragten in den Südsudan
In Washington zeigten sich führende Außenpolitiker der Demokraten und Republikaner über die Lage im Südsudan äußerst besorgt.
In einem gemeinsamen Brief an den südsudanesischen Präsidenten Kiir warnten unter anderem die Vorsitzenden der auswärtigen Ausschüsse im Senat und im Repräsentantenhaus, dass jedwede politische Führer im Südsudan, die versuchten, gewaltsam die Macht an sich zu ziehen, weitere US-Unterstützung und Hilfe für den Südsudan gefährdeten.
Die Europäische Union schickt wegen der Kämpfe einen Sonderbeauftragten in den Südsudan. Alexander Rondos werde in die Region reisen, um eine politische Lösung des Konflikts zu unterstützen, teilte die Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton am Mittwoch auf Twitter mit.
Gefechte dauern weiter an
Ungeachtet der internationalen Bemühungen um ein Ende des Blutvergießens dauern die Gefechte im Südsudan weiter an. Die Regierungsarmee ging am Donnerstag gegen Rebellen in der Stadt Malakal vor und plante zudem eine Offensive im ölreichen Bundesstaat Unity.
Ein Sprecher der Regierungsarmee sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Armee habe die nördliche Hälfte von Malakal, der Hauptstadt des Bundesstaats Upper Nile, unter Kontrolle. Demnach bereiten die Truppen von Präsident Salva Kiir eine weitere Offensive gegen Bentiu vor, der Hauptstadt des Bundesstaats Unity. Diese wird von Kämpfern des früheren Vizepräsidenten Riek Machar gehalten. (dpa/afp)