Essen. . Ein Feuerwehrmann, der im Einsatz gezielt mit einer Feuerwehrrakete angegriffen wird: Dieser Fall erregte die Gemüter, nicht nur in Essen. Nachdem der Ordnungsdezernent der Stadt angedroht hatte, die Feuerwehr in solchen Fällen abrücken zu lassen, bestätigt nun der Feuerwehrverband diese Anordnung.

Der tätliche Angriff auf einen Essener Feuerwehrmann in der Neujahrsnacht hat eine Debatte über gefährliche Rettungseinsätze ausgelöst. Der Essener Ordnungsdezernent Christian Kromberg drohte mit Konsequenzen. Bei derartigen Angriffen sollten sich die Einsatzkräfte im schlimmsten Fall zurückziehen: „Dann brennt die Bude eben ab“, kommentierte er.

Der Feuerwehrmann war während eines Brandeinsatzes mit einer Rakete beschossen und im Gesicht getroffen worden. Bei der Attacke erlitt er einen Nasenbeinbruch und ein Knalltrauma. Es sei mehr als fraglich, ob der 40-Jährige seinen ehrenamtlichen Dienst weiter ausübe, hieß es seitens der Feuerwehr Essen.

Immer häufiger Gewalt gegen Einsatzkräfte

Offenbar kein Einzelfall – der Verband der Feuerwehren in NRW beklagt, Feuerwehrmänner und Rettungssanitäter seien bei ihren Einsätzen immer häufiger Gewalt und Anfeindungen ausgesetzt.

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Der Verband gibt auch dem Essener Ordnungsdezernenten Kromberg Rückendeckung. Seine Aussagen seien zwar provokant formuliert, in der Sache habe er aber Recht, sagte Feuerwehr-NRW-Geschäftsführer Christoph Schöneborn gegenüber der WAZ: „Unsere Dienstvorschriften besagen, dass sich die Rettungskräfte bei einer Gefährdung der eigenen Sicherheit nicht nur zurückziehen können, sondern müssen.“

Bei den Angriffen ist oft Alkohol im Spiel

Die Zahl der Fälle, in denen ein Rückzug der Feuerwehrleute nötig werden könnte, steige seit rund zehn Jahren an, so Schöneborn. „Das fängt mit Beleidigung und Spuckattacken an und endet mit Fällen wie in Essen.“ An Karneval oder Silvester trete das Problem verstärkt auf, oft sei Alkohol im Spiel, sagt Schöneborn. Meist werde dann die Polizei gerufen, um die Retter zu schützen. Schöneborn warnt zugleich vor Panikmache: „Im Normalfall muss sich niemand Sorgen machen, dass ihm nicht geholfen wird.“

Mögliche vorbeugende Maßnahmen gegen die Gewalt sind für Schöneborn Deeskalationstrainings für die Einsatzkräfte, die in einigen Städten in NRW bereits absolviert werden. Zudem sollten Angriffe auf Rettungskräfte als eigener Straftatbestand härter sanktioniert werden.

Fast jeder vierte Retter Opfer von körperlicher Gewalt

Auch NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) verurteilt die zunehmende Gewalt gegen Feuerwehrleute: Der freiwillige Feuerwehrmann riskiere bei jedem Einsatz ehrenamtlich sein Leben, so Jäger. "Wir müssen darauf hinwirken, dass das Handeln der Feuerwehrleute wertgeschätzt wird. Sie verdienen unseren Rückhalt."

Die Uni Bochum hatte vor einiger Zeit hunderte Sanitäter und Feuerwehrleute befragt. Verbalen Angriffen war danach beinahe jeder ausgesetzt. Fast jeder vierte Retter sagte, er sei im letzten Jahr Opfer von körperlicher, strafrechtlich relevanter Gewalt geworden.