Brüssel. Der EU-Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx nimmt die Späh-Methoden von Geheimdiensten und Unternehmen aufs Korn. Die Bürger fragten sich zunehmend, ob sie “entweder von Spionen oder den Internetfirmen selbst“ ständig beobachtet würden. Der Datenschützer fordert ein Ende der “Wildwest“-Mentalität.
Der EU-Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx hat angesichts der Spähaffären der vergangenen Monate von Staaten und Unternehmen ein Ende des "Wildwest"-Methoden gefordert. Die Bürger fragten sich zunehmend, ob sie "entweder von Spionen oder den Internetfirmen selbst" ständig beobachtet würden, sagte Hustinx der Nachrichtenagentur AFP. Das massenhafte Ausspähen von Daten wie durch den US-Geheimdienst NSA sei nicht akzeptabel. "Zwar müssen wir uns daran gewöhnen, dass so ein Vorgehen manchmal notwendig sein kann - aber nicht in diesem Ausmaß."
Nötig seien daher stärkere Beschränkungen, mehr Transparenz über das Vorgehen von Geheimdiensten, eine größere Rechenschaftspflicht sowie eine bessere Aufsicht, forderte der EU-Datenschutzbeauftragte. "Die Regierungen müssen sich zusammensetzen und Gespräche darüber aufnehmen."
Die Bürger müssten sicher sein können, dass nicht sie, sondern "Terroristen und Betrüger" das Ziel sein, sagte Hustinx. "Wir müssen darauf bestehen, dass die Regierungen versichern und beweisen können, dass die zum Schutz der nationalen Sicherheit und zur Verbrechensbekämpfung geschaffenen Befugnisse in einer akzeptablen Art und Weise angewandt werden."
"Tendenz zurückdrängen, dass die einzige Möglichkeit ist, sich an die Überwachung zu gewöhnen"
Der Niederländer fordert jedoch in Sachen Datenschutz und Respekt vor der Privatsphäre nicht nur von Geheimdiensten ein Ende der "Wildwest"-Mentalität. Ohne die großen US-Internetkonzerne beim Namen zu nennen, kritisiert Hustinx Unternehmen, "die derzeit auf ihren Heimatmärkten nicht dieselben Regeln haben und eine Selbstbedienungskultur mitgebracht haben". Die zunehmende Beobachtung von Verbrauchern sei meist ohne ausdrückliche Zustimmung zum Geschäftsmodell vermeintlich kostenloser Internetangebote geworden. "Aber es hat nie ein Referendum dazu gegeben, dass wir unser Recht auf Privatsphäre abgeben, um die neuen Technologien zu nutzen."
"Wir müssen unsere Gesetze stärken und die Tendenz zurückdrängen, dass die einzige Möglichkeit ist, sich an die Überwachung zu gewöhnen", forderte Hustinx. Deswegen sei eine Verabschiedung der derzeit verhandelten EU-Datenschutzreform notwendig, mit der Verbrauchern mehr Macht über ihre Daten und den Datenschutzbehörden die Möglichkeit zur Bestrafung von Firmen bei Verstößen gegeben werde. "Wir könnten vielmehr von der digitalen Welt profitieren, wenn die Bürger mehr Rechte haben, die grenzüberschreitend gleich und sorgfältig umgesetzt sind."
Die Beratungen der EU-Staaten über die vor fast zwei Jahren von der EU-Kommission vorgelegte EU-Datenschutzreform stocken. Die Novelle soll die geltende EU-Datenschutzrichtlinie ersetzen. Die stammt aus dem Jahr 1995 und somit aus einer Zeit, als weder soziale Netzwerke ein Massenphänomen noch das Sammeln von Verbraucherdaten durch weltweit vertretene Internetkonzerne ein Milliardengeschäft waren. Hustinx rechnet damit, dass die Neuregelung erst nach der Europawahl und somit im zweiten Halbjahr 2014 verabschiedet wird. (afp)