Berlin. An diesem Dienstag reicht der Bundesrat den neuen NPD-Verbotsantrag beim Bundesverfassungsgericht ein. NRW-Innenminister Jäger sieht die Partei als “Gefahr für die Demokratie“. Der SPD-Politiker sagte laut einem Medienbericht: “Wir dürfen nicht der Schuster sein, der diese Springerstiefel im Zuge der Parteienfinanzierung ständig neu besohlt.“

Der Bundesrat hat am Dienstag beim Verfassungsgericht in Karlsruhe beantragt, die NPD zu verbieten. Die Innenminister der Länder gaben dazu eine Versicherung ab, dass sie alle V-Leute aus den Vorständen der rechtsradikalen Partei abgezogen haben. Das ist die Voraussetzung dafür, dass ihr Antrag nicht wie 2003 schon aus formalrechtlichen Gründen scheitert.

Die Bundesregierung hofft auf einen Erfolg, steuerte auch einen Großteil der belastenden Materialien bei, hält sich aber heraus. Auch der Bundestag will keinen eigenen Antrag stellen - zum Leidwesen der SPD.

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Sie ist die politisch treibende Kraft beim erneuten Gang nach Karlsruhe. Wie 2003 wird der rund 270 Seiten lange Antrag damit begründet, dass die NPD aggressiv ausländerfeindlich und mit der NSDAP wesensverwandt sei. Laut "Neue Osnabrücker Zeitung" wird der NPD vorgeworfen, sie wolle Ausländer gewaltsam vertreiben.

"Angstkulturen" in Mecklenburg-Vorpommern

Die Länder wollen Klarheit im Umgang mit NPD-Kadern haben, wie es der Schweriner Innenminister Lorenz Caffier (CDU) ausdrückte. In Mecklenburg-Vorpommern ist die Partei stark - und einschüchternd. Von "Angstkulturen" ist in einem Gutachten zum Antrag die Rede. Vor Ort haben andere Parteien Probleme, sich überhaupt noch zu behaupten.

Die Kernfrage bleibt, ob man der NPD nachweisen kann, dass sie den Staat - die freiheitlich-demokratische Grundordnung - auf "aggressiv-kämpferische" Weise überwinden will. Die Gewalt wird in dem Antrag als ihr "Handlungsmodus", die "Skinheads" als ihre "Soldaten" bezeichnet. Aber ist eine Partei, die bei den Wahlen in Hessen, Bayern und im Bund nur rund ein Prozent der Stimmen erzielte, noch eine akute Bedrohung? "Die Länder reanimieren eine fast tote Partei", beklagte der hessische Justizminister Jörg-Uwe Hahn (FDP).

"Erfolgsaussichten steigen mit Rückhalt der Verfassungsorgane"

Baden-Württembergs Innenminister Reinhold Gall (SPD) bedauerte, dass sich Bundestag und Bundesregierung der Initiative des Bundesrates nicht angeschlossen haben. In der Sache mache das zwar keinen Unterschied, sagte er. "Aber um ein deutliches Signal nach außen zu geben, wäre es gut gewesen, wenn am besten beide mitgemacht hätten.

Wenn man an die Zivilgesellschaft appelliert, dass der Kampf gegen den Rechtsextremismus eine gemeinsame Aufgabe ist, wäre es logisch gewesen, wenn der Staat hier einheitlich aufgetreten wäre.

Die Linke forderte eine erneute Parlamentsentscheidung. "Es wäre gut, wenn auch der Bundestag den Braunen die rote Karte zeigen würde. Die Erfolgsaussichten steigen mit dem Rückhalt der Verfassungsorgane", sagte Linken-Chef Bernd Riexinger der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag). "Ein fraktionsübergreifender Antrag hätte im neuen Bundestag eine bessere Chance durchzukommen, vor allem wenn ohne Fraktionszwang abgestimmt wird."

NRW-Minister Jäger zielt auf Parteienfinanzierung

NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) hat sich zuversichtlich über den NPD-Verbotsantrag der Länder geäußert, der heute beim Bundesverfassungsgericht eingereicht wird. "Der Antrag legt sehr sorgfältig dar, dass die NPD eine Gefahr für die Demokratie darstellt", sagte Jäger am Dienstagmorgen im WDR-Hörfunk. "Unser Vorwurf lautet, dass sie diesen Staat abschaffen wollen, dass sie ein Menschenbild vermitteln, das hochaggresiv ist." Jäger äußerte sein Bedauern darüber, dass sich Bundestag und Bundesregierung dem Antrag nicht angeschlossen haben. Doch jetzt sei der Punkt überschritten. "Es würde zu lange dauern, die beiden anderen mit einem eigenen Verfahren dort heranzuholen."

Den "Ruhr Nachrichten" sagte Jäger, ein Verbot der NPD sei wichtig, um ihr die logistische Basis zu entziehen. Im Falle eines Erfolges in Karlsruhe wäre endlich Schluss damit, dass aus Steuermitteln Wahlkampfkosten der Rechtsextremisten erstattet werden müssten. "Wir dürfen nicht der Schuster sein, der diese Springerstiefel im Zuge der Parteienfinanzierung ständig neu besohlt", sagte der SPD-Politiker.

Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sagte der "Leipziger Volkszeitung" (Dienstag), wichtig sei, dass der Staat seine Grenzen benenne und durchsetze. "Der Verfall der NPD ist eine Hypothese, auf die ich mich nicht verlassen will." Man könne als Staat "die Dinge nicht laufen lassen, wenn auf dem Rücken der Freiheit unsere Demokratie kaputt gemacht wird".

"Egal wie groß sie ist"

Auch aus Sicht von Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) spielt es keine Rolle, dass die NPD derzeit geschwächt ist. Eine wehrhafte Demokratie müsse sich mit einer solchen Partei auseinandersetzen - "egal wie groß sie ist, egal welche Erfolgsaussichten sie in Wahlen hat".

Skeptisch zu den Erfolgsaussichten des Antrags äußerte sich der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. "Ich befürchte, dass im Lauf des Verfahrens trotz aller gegenteiligen Versicherungen doch noch ein V-Mann des Verfassungsschutzes auftaucht und das Verfahren deswegen vom Gericht gekippt wird", sagte er der "Welt" (Dienstag). (mit dpa)