Berlin/Bern. . Während die Schweizer eine Begrenzung von Managergehältern in einer Volksabstimmung abgelehnt haben, einigen sich Union und SPD in Deutschland auf Vorgaben gegen Gehaltsexzesse. Doch die Pläne sind umstritten. Die Linke spricht von einer „Mogelpackung“.
Fast drei Viertel der Bundesbürger würden die Einkommen der Spitzenmanager in Deutschland gern beim höchstens Zwölffachen ihrer am schlechtesten bezahlten Arbeiter begrenzen. Das ergab eine Umfrage des Marktforschungsinstituts GfK. In der Schweiz hätte das Volk am Sonntag so eine 1:12-Bremse tatsächlich einführen können, doch die Eidgenossen sagten ziemlich deutlich „Nein, danke“.
Rund 65 Prozent der Teilnehmer eines entsprechenden Referendums lehnten die Volksinitiative der Schweizer Jungsozialisten „Für gerechte Löhne“ ab. Damit sollte in der Verfassung verankert werden, dass kein Chef in einem Monat mehr Geld bekommen darf, als der kleinste Angestellte in der selben Firma im ganzen Jahr nach Hause bringt. Wenige Wochen vor dem Urnengang hatten sich Befürworter und Gegner dieses Juso-Vorschlags die Waage gehalten. „Doch heute haben wir verloren“, räumte Juso-Chef David Roth ein.
Chef von Nestlé bekommt jährlich umgerechnet rund 10,2 Millionen Euro
Dabei ist auch in der Schweiz der Wunsch nach mehr Lohngerechtigkeit durchaus groß. Noch in den 80er-Jahren war die Spanne 1:12 fast nirgendwo überschritten worden. Heute streicht der Chef des Weltkonzerns Nestlé, Paul Bulcke, mit jährlich umgerechnet rund 10,2 Millionen Euro das 238-fache des niedrigsten Lohns im selben Unternehmen ein. Beim Pharma-Riesen Roche soll die Spanne gar 1:261 betragen, beim Uhrenhersteller Swatch immerhin 1:137.
In Deutschland haben sich Union und SPD in den Koalitionsverhandlungen jedenfalls auf etwas strengere gesetzliche Regeln für Managergehälter geeinigt. Der Aufsichtsrat jedes börsennotierten Unternehmens müsse künftig prozentual festlegen, um wie viel höher der Verdienst jedes Vorstandsmitglieds gegenüber dem durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen der Firma maximal sein darf.
„Wo der freie Markt versagt, muss der Staat versuchen, für Gerechtigkeit zu sorgen“, sagte SPD-Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann. Das deutsche Modell sieht vor, dass der Aufsichtsrat der jeweiligen Aktiengesellschaft „ein Maximalverhältnis zwischen der Gesamtvergütung der einzelnen Vorstandsmitglieder und dem durchschnittlichen Arbeitnehmereinkommen festlegen“ soll. Über die Chefgehälter soll am Ende die Hauptversammlung auf Vorschlag des Aufsichtsrats entscheiden.
Wirtschaftsvertreter und Aktionärsschützer lehnen gesetzliche Vorgaben ab
Wirtschaftsvertreter und Aktionärsschützer lehnen gesetzliche Vorgaben ab. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer verwies auf bereits bestehende Transparenzregeln für Unternehmen durch den „Corporate Governance Kodex“. Als „Symbolpolitik“ bezeichnete der Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), Jürgen Kurz, die Pläne.
Die von der Bundesregierung 2001 initiierte Kommission gibt börsennotierten Unternehmen Empfehlungen für gute Unternehmensregeln und -aufsicht („Corporate Governance“). Zur Vermeidung von Auswüchsen bei Vorstandsvergütungen setzt das Gremium vor allem auf mehr Transparenz. Die Kodex-Vorgaben sind als Instrument der Selbstregulierung gedacht und rechtlich nicht bindend. Von einer weitergehenden, gesetzlichen Regulierung von Vorstandsvergütungen rät die Kodex-Kommission ab.
DGB spricht von Gier in den Konzernen
Linken-Chef Bernd Riexinger kritisierte die Einigung von Union und SPD als „Mogelpackung“. Kein Manager, so Riexinger, sollte mehr als das Zwanzigfache der untersten Lohngruppen in seinem Betrieb verdienen. „Wir brauchen einen echten gesetzlichen Deckel.“
„Die Gier braucht einen Deckel“, sagte auch Dietmar Hexel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB). Es sei richtig, wenn der Aufsichtsrat zukünftig jährlich einen solchen Beschluss fassen muss. Einkommen und Pensionen von Managern hätten sich von der allgemeinen Lohnentwicklung längst abgekoppelt. „Einen Managerfeudalismus kann eine demokratische Republik nicht akzeptieren.“ Als falsch bezeichnete Hexel die Absicht, die Hauptversammlung entscheiden zu lassen. „Da haben Banken, Fonds und Heuschrecken das Sagen. Die werden kaum die Gier beschneiden.“
(dpa/jes/hk)