Washington. NSA-Chef Alexander weist Berichte über das Ausspähen von Millionen europäischen Bürgern als “vollkommen falsch“ zurück. Die Journalisten hätten die enthüllten Dokumente komplett missverstanden. Zudem seien die befreundeten Geheimdienste selbst eifrige Datensammler.

Die millionenfache Auswertung von Telefongesprächen in Europa ist nach US-Angaben zumindest teilweise von den nationalen Geheimdiensten selbst durchgeführt worden. Die in Frankreich, Spanien und Italien gesammelten Daten über Telefongespräche, über die Medien berichteten, stammten nicht allein vom Geheimdienst NSA, sondern auch von seinen ausländischen Partnern. Das sagte NSA-Direktor Keith Alexander am Dienstag in einer Anhörung vor dem Geheimdienstausschuss im Abgeordnetenhaus. Anderslautende Medienberichte bezeichnete er als "vollkommen falsch".

Die französische Zeitung "Le Monde" hatte unter Berufung auf Dokumente des Informanten Edward Snowden berichtet, die NSA habe innerhalb von rund zwei Monaten zum vergangenen Jahreswechsel rund 70 Millionen Datensätze zu französischen Telefongespräche gesammelt. In einem ähnlichen Bericht der Zeitung "El Mundo" war von 60 Millionen Datensätzen in Spanien die Rede.

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Die Enthüllungen hatten einen Sturm der Kritik in den Ländern ausgelöst. Es war neben der Überwachung des Handys von Bundeskanzlerin Angela Merkel einer der Gründe für den Plan des Brüsseler EU-Gipfels, Ordnung in die Geheimdienst- Beziehungen zu den USA zu bringen.

Teil eines groß angelegten Austauschprogramms

Alexander sagte, dass Journalisten die von Snowden beschafften Papiere falsch interpretiert hätten. "Sie und die Person, die die geheimen Daten gestohlen hat, verstanden nicht, was sie da sahen."

Die von den europäischen Geheimdiensten an die Amerikaner übergebenen Daten seien Teil eines groß angelegten Austauschprogramms gewesen. "Sie repräsentierten Informationen, die wir und unsere Nato- Alliierten für die Verteidigung unserer Nationen und zur Unterstützung militärischer Operationen gesammelt hatten", sagte Alexander. "Dies sind keine Informationen, die wir über europäische Bürger gesammelt haben."

Keith Alexander verteidigt Spähprogramme

Der NSA-Chef bestätigte damit indirekt einen Bericht des "Wall Street Journal", der kurz vor der Anhörung online erschienen war. Darin hieß es, dass die Millionen Telefon-Datensätze auch nicht in Frankreich und Spanien selbst, sondern im Ausland gesammelt wurden - unter anderem in Kriegsgebieten. Um die Überwachung des Telefons von Kanzlerin Angela Merkel gehe es dabei nicht.

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In der Anhörung verteidigte Alexander erneut die Spähprogramme seiner Behörde als wichtiges Mittel im Anti-Terror-Kampf. Seit dem 11. September 2001 habe es keinen Terrorangriff auf die USA mit einer größeren Zahl an Toten gegeben, sagte er. In einer langen, emotionalen Stellungnahme führte er aus, wie wichtig die Arbeit der NSA für das Land sei. Er erklärte, dem Ausschuss "die ganze Wahrheit" darlegen zu wollen.

Der Koordinator aller US-Geheimdienste, James Clapper, bezeichnete die Überwachung ausländischer Spitzenpolitiker bei Geheimdiensten rund um den Globus als übliche Methode. Die Vorhaben von Führern anderer Länder sei ein "ständiges" Interesse von Geheimdiensten. Das sei "eines der ersten Dinge", die er zu Beginn seiner Ausbildung 1963 gelernt habe, sagte Clapper. Er sei überzeugt, dass Verbündete die USA und deren Geheimdienste oder Spitzenpolitiker ebenfalls ausspioniert hätten. (dpa)