Wiesbaden. Mehr als sieben Millionen Ausländer leben mittlerweile in Deutschland: EU-Erweiterung und Finanzkrise haben viele Ost- und Südeuropäer dazu gebracht, ihr Glück in Deutschland zu versuchen. Das Ausländerzentralregister meldet den stärksten Zuwachs seit fast 20 Jahren.
Die EU-Osterweiterung und die Finanzkrise in Südeuropa haben die Zahl der Ausländer in Deutschland 2012 so stark steigen lassen wie seit rund 20 Jahren nicht mehr. Mehr als 7,2 Millionen Menschen ohne deutschen Pass wohnten laut Ausländerzentralregister (AZR) Ende 2012 in der Bundesrepublik. Das waren 282.800 Menschen oder 4,1 Prozent mehr als vor Jahresfrist, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden am Dienstag mitteilte - und damit der höchste Anstieg seit 1993.
Rund 80,52 Millionen Menschen lebten insgesamt Ende 2012 in Deutschland. Damit hatte mehr als jeder Zwölfte keinen deutschen Pass.
Von allen Ausländern in Deutschland waren Türken mit 1,6 Millionen die größte Gruppe. Ihre Zahl ging im Jahresvergleich jedoch erneut zurück, um zwei Prozent - vor allem wegen Einbürgerungen. Die zweitgrößte Gruppe ausländischer Staatsbürger waren Polen (rund 532.000), gefolgt von Italienern, Griechen und Kroaten.
80 Prozent der Neuen stammen aus der EU
80 Prozent der neu ins Register aufgenommenen Ausländer stammten aus den EU-Mitgliedstaaten. Die Zahl der Ausländer aus den Staaten, die 2004 beigetreten waren, legte mit 15,5 Prozent besonders stark zu. Vor allem Polen (plus 13,6 Prozent), Ungarn (plus 29,8 Prozent), Rumänen (plus 28,8 Prozent), Bulgaren (plus 26,5 Prozent), Griechen (plus 5,1 Prozent) und Spanier (plus 9,1 Prozent) ließen sich in Deutschland nieder.
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Die anderen Menschen - jeder Fünfte - kamen vor allem aus Syrien, China, Indien und der Russischen Föderation. Die ausländische Bevölkerung aus den Nicht-EU-Staaten legte im Jahresvergleich aber insgesamt nur um 1,3 Prozent zu.
Die meisten zieht es nach Bayern
Die meisten Ausländer verlegten 2012 ihren Wohnsitz nach Bayern (plus 65.900), gefolgt von Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg (jeweils plus 52.900). Den größten prozentualen Anstieg verzeichnete jedoch Thüringen mit 11,5 Prozent (plus 4300).
Die Gesamtzahl von 7,2 Millionen Ausländern könnte allerdings noch korrigiert werden, da der Zensus von anderen, niedrigeren Daten ausgeht. Die Behörden analysieren diese Abweichungen noch. Die meisten Ausländer in Deutschland gab es dem AZR zufolge 1997 mit fast 7,4 Millionen Menschen. Bei einer Revision 2004 war die Zahl dann allerdings nach Behördenangaben um rund 500.000 nach unten korrigiert worden.
"Erfreulicher" Anstieg der Einbürgerungen
Deutliche Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschland traten auch bei den Herkunftsländern der Immigranten zutage. Im früheren Bundesgebiet und Berlin ist den Statistikern zufolge Türkisch die mit Abstand häufigste Staatsangehörigkeit der im Zentralregister eingetragenen Ausländer. In den neuen Ländern ohne Berlin nehmen Polen, Russland, Vietnam und die Ukraine die ersten Plätze ein. Die Türkei liegt im Osten nur auf Platz fünf.
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Die Vorsitzende des Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR), Christine Langenfeld, nannte den leichten Anstieg der Einbürgerungszahlen "erfreulich". "Allerdings wird das Potenzial bei weitem noch nicht ausgeschöpft." Langenfeld forderte, stärker für die Einbürgerung zu werben. "Vorbildlich ist die Initiative Hamburgs, in einem Brief des Bürgermeisters alle seit acht Jahren in Deutschland lebenden Ausländer auf die Möglichkeit einer Einbürgerung hinzuweisen."
Zeitarbeitsbranche braucht Fachkräfte
Die deutsche Wirtschaft ist auf Einwanderung angewiesen. Nach einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter 28.000 Unternehmen nennen 36 Prozent von ihnen das knappe Angebot an qualifiziertem Personal als Geschäftsrisiko für die kommenden zwölf Monate. Am stärksten leidet derzeit die Zeitarbeitsbranche unter dem Fachkräftemangel, über den drei Viertel der Firmen klagen. Aber auch in den Gesundheits- und sozialen Diensten, bei Wirtschaftsprüfern, Rechts- und Steuerberatern, im Bauausbaugewerbe sowie im Gastgewerbe befürchtet mehr als jedes zweite Unternehmen Engpässe. (dpa/afp/rtr)