Berlin. Die Bundestagswahl wird eine Personaldebatte nach sich ziehen - ob die Parteien es nun wollen oder nicht. Die Zeit von Philipp Rösler, Jürgen Trittin und, ja auch Sigmar Gabriel ist abgelaufen. Neue Kräfte müssen nachrücken. Dabei rücken zwei Gesichter aus NRW in den Blickpunkt.
Ein Ergebnis des dramatischen Wahlabends ist klar: Das Spitzenpersonal der bundesdeutschen Politik wird sich schon bald in weiten Teilen anders darstellen als bislang. Es wird neue Gesichter geben - und das ist nur zu begrüßen.
Dies gilt vor allem für die FDP, die an diesem Abend ihr Waterloo erlebte.Die FDP-Spitze ist personell ausgezehrt. Der Parteivorsitzende Philipp Rösler - mit der Führung einer Regierungspartei hoffnungslos überfordert. Der Spitzenkandidat Rainer Brüderle - ein Mann aus einer anderen politischen Zeit. Leute wie die Minister Dirk Niebel und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger haben sich ebenfalls in langen Jahren in verschiedenen Ämtern verbraucht.
Trittin und Künast haben ihren Zenit überschritten
Auch die Grünen, die deutlich unter ihrem zweistelligen Wahlziel blieben, brauchen eine personelle Auffrischung. Vor allem der Spitzenkandidat Jürgen Trittin, der mit dem Posten des Finanzministers spekuliert hatte, dürfte am Ende seiner bundespolitischen Ambitionen angekommen sein. Keiner steht wie er für die umstrittenen Steuererhöhungspläne der Grünen, die einer der Hauptgründe für das schlechte Ergebnis vom Wahlabend sein dürften.
Renate Künast, die die Landtagswahl in Berlin und die anschließenden Koalitionsverhandlungen mit der SPD in den Sand setzte, hat ebenfalls ihren Zenit überschritten. Ob Katrin Göring-Eckhard, die als Trittins Co-Spitzenkandidatin ebenfalls für die Wahlschlappe einstehen muss, oder Claudia Roth die Richtigen sind, um die Grünen neu zu formieren, ist fraglich. Frischer Wind wäre durch sie nicht zu erwarten.
Sigmar Gabriels Rücktritt ist fällig
Spannend wird es auch bei der SPD. Knappe 26 Prozent sind mitnichten ein Ergebnis zum Singen für die Sozialdemokraten. Dass ihr gescheiterter Spitzenkandidat Peer Steinbrück künftig in der Partei eine führende Rolle einnehmen wird, ist mehr als fraglich. er steht für das zweitschlechteste Ergebnis nach dem Krieg. Ihm fehlt der "Stallgeruch" der SPD, er ist in der Partei nicht unumstritten.
Parteichef Sigmar Gabriel wird sich zwar gegen einen Rücktritt wehren, doch der wäre fällig. Als SPD-Vorsitzender steht auch er für das magere Ergebnis. Er hat seinem Spitzenkandidaten Steinbrück während des Wahlkampfs Knüppel zwischen die Beine geschmissen, wo er konnte. Das sollte nicht ohne Folgen bleiben. Frank-Walter Steinmeier ist ebenfalls angeschlagen. Einen Aufbruch symbolisieren - das ist nicht sein Ding.
Wer sind die neuen Gesichter in den Parteien?
Bei der FDP, das deutete sich schon am Wahlabend an, dürfte alles auf Christian Lindner zulaufen. Der Ex-Generalsekretär und aktuelle FDP-Chef in NRW hat zwar versprochen, bis zur nächsten Landtagswahl 2017 in Düsseldorf zu bleiben. Doch wer er sogar vom eigenen Landesverband aufgefordert werden würde, in der Bundespartei eine Führungsrolle zu übernehmen, müsste er sich keinen Wortbruch vorwerfen lassen.
Bei den Grünen läuft sich schon seit einiger Zeit der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer für höheren Aufgaben warm. Seine Stunde könnte schon bald schlagen. Auch Cem Özdemir, obwohl Parteichef bislang de facto eher in der zweiten Reihe, wäre jemand, der einigermaßen unbelastet einen Spitzenjob bei den Grünen übernehmen könnte.
Und die SPD? Gut möglich, dass Sigmar Gabriel noch einmal den Kampf um den Vorsitz gewinnt. Aber die neue starke Frau in der Partei heißt ganz klar Hannelore Kraft. Viele werden sie drängen, in die Bundespolitik zu gehen. Kraft ist in der SPD hoch angesehen, ihre burschikose Art kommt an der Basis an. Es wird schwer für die Ministerpräsidentin, darauf zu beharren, am Rhein und bleiben.