Warstein. . Die Gefahr in Warstein an einer Legionellen-Infektion zu erkranken, sie ist auch drei Wochen nach Bekanntwerden der Epidemie immer noch allgegenwärtig. Deshalb hält der Kreis Soest seine Reisewarnung für auswärtige Besucher aufrecht. Doch welchen Schutz haben die Menschen, die jeden Tag nach Warstein zur Arbeit fahren? Und wie riskant sind Arbeiten unter freiem Himmel? Wir sind diesen brisanten Fragen nachgegangen.

Seit dem Wochenende rät der Kreis Soest, das Warsteiner Stadtgebiet aufgrund der Legionellen-Gefahr zu meiden. Die Warsteiner selbst werden aufgefordert, sich möglichst in Räumen aufzuhalten. Dementsprechend leer sind Straßen und Geschäfte in der Kernstadt teilweise auch tagsüber.

Und was machen die Gärtner und Maurer, die traditionell draußen arbeiten – normalerweise fast unter Idealbedingungen in der augenblicklichen Spätersommer-Sonne? Lauert nicht überall in der Stadt die unsichtbare Legionellengefahr?

„Der Arbeitgeber hat eine Fürsorgepflicht gegenüber dem Arbeitnehmer“, versucht Bertram Wende, Rechtsexperte der Gewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), sich dem Thema zu nähern. Ist es also sinnvoll, dass der Arbeitgeber seine Mitarbeiter angesichts der Reisewarnung nicht nach Warstein schickt? Wende ist davon überzeugt, dass der Chef die Gefahr nicht selbst beurteilen kann. Folge: „Der Arbeitgeber hat die Gefahr ernst zu nehmen!“

Der Arbeitgeber sollte wissen, wann Gefahr im Verzuge ist

Und wenn dem Arbeitnehmer die Situation nicht geheuer erscheint? Er müsse sich überlegen, ob er sich weigere, in Warstein zu arbeiten. Da, so Wende, gebe es eine gewisse Rechtsunsicherheit, schließlich riskiere der Arbeitnehmer eine Abmahnung oder gar Kündigung, sollte der Chef die Situation ganz anders beurteilen. Das Problem sei, dass keiner so genau wusste, wo die Gefahr herkam. Aber „es gab ja Fälle zuhauf, also besteht die Gefahr aus meiner Sicht. Das müsste aus meiner Sicht ausreichen, denn woran soll ich mich sonst halten?“

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Wende sieht die Warsteiner Situation wegen der Legionellen-Erkrankungen analog der Warnungen des Auswärtigen Amtes wie derzeit zum Beispiel für Ägypten und Syrien, „auch die beurteilen die Gefährlichkeit“. Und wird gewarnt, können Urlauber in der Regel problemlos umbuchen oder stornieren.

Große Arbeitgeber haben es – in gewissem Maße – einfacher, weil sie ihre Mitarbeiter gegebenenfalls zwischenzeitig anderswo beschäftigen können. Aber wenn eine Baustelle ruht, die zu einem Termin fertig gestellt sein muss, kommt der Arbeitgeber in die Bredouille. Die Abwägung der Interessen zwischen Arbeitgeber und -nehmer zwischen Fertigstellung und Gesundheit. Für Wende sind die gesundheitlichen Aspekte deutlich wichtiger zu bewerten.

Im schlimmsten Fall höchstens Anspruch auf Schadenersatz

Und wenn das Kind in den Brunnen gefallen sein sollte? „Ein Arbeitsunfall ist das wohl nicht“, bewertet Wende die Lage für diesen Fall. In Frage käme höchstens ein Anspruch auf Schadenersatz gegenüber dem Arbeitgeber. Die Frage: Ob dieser nicht die Pflicht gehabt hätte, zumindest nach der Reisewarnung seine Leute nicht nach Warstein zu schicken. Allerdings, gibt der IG Bau-Rechtsexperte zu bedenken, ist die Krankheitsbehandlung durch die gesetzliche Krankenkasse ja gewährleistet. Insofern werde man wohl nicht auf Schadenersatz klagen, um es sich mit seinem Chef nicht zu verderben.