Moskau. Im aktuellen Syrien-Konflikt sieht Russland viele Parallelen zum Irak-Krieg. Die Kreml-Führung ist sich sicher, dass die Giftgas-Anschuldigungen gegen Machthaber Assad vorgetäuscht sind und nur einen lang geplanten Angriff des Westens auf Syrien rechtfertigen sollen.
Mit dem Streit um den mutmaßlichen Einsatz von Chemiewaffen bei Damaskus erreicht das Verhältnis Russlands zum Westen einen neuen Tiefpunkt. Die Regierung in Moskau lehnt eine militärische Intervention in Syrien vehement ab.
"Der Einsatz von Gewalt ohne die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats ist eine sehr schwere Verletzung des internationalen Rechts", sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow am Montag. Der Westen bewege sich auf "einem sehr gefährlichen Pfad".
Als Verbündeter des syrischen Machthabers Baschar al-Assad hat Russland im UN-Sicherheitsrat zuverlässig jede Verurteilung des Vorgehens gegen die Opposition verhindert. Russland fürchtet eine Wiederholung des Szenarios von 2011, als Moskau im Sicherheitsrat einer Koalition unter Führung Frankreichs und Großbritanniens erlaubte, im libyschen Bürgerkrieg militärisch einzugreifen, um ein Massaker der Regierungstruppen an den Rebellen in Bengasi zu verhindern.
Moskau fühlt sich hintergangen
Zum Ärger Moskaus nutzte der Westen dieses Mandat aber, um so lange die Stellungen von Machthaber Muammar al-Gaddafi zu bombardieren, bis dieser schließlich von den Aufständischen gestürzt wurde. Moskau fühlte sich hintergangen.
Noch einmal will Russland dem Westen nicht erlauben, gegen einen Verbündeten vorzugehen. Die Vorwürfe, dass Assad gegen die Rebellen chemische Waffen eingesetzt hat, sieht die russische Regierung als unbewiesen an und gibt den Aufständischen selbst die Schuld.
"Sie haben bisher keinen Beweis vorgelegt, sagen aber zugleich, die rote Linie sei überschritten und es könne keinen Aufschub geben", kritisierte Lawrow am Montag. Eine Intervention werde nicht Frieden bringen, sondern nur "eine neue, noch blutigere Phase im Krieg" einleiten, warnte er. Russische Politiker verdächtigen die USA, die Chemiewaffen wie im Irak als Vorwand zu nutzen, um ihre Intervention zu begründen. Im Irak wurden die angeblichen Massenvernichtungswaffen nie gefunden.
Parallelen zum Irak-Krieg
"Es gibt viele Parallelen zur Taktik des Westens im Irak", sagt auch der russische Analyst Alexander Filonik. Sollte der Westen sich über das Veto Russlands im Sicherheitsrat hinwegsetzen, werde das "sehr ernste Folgen" für das Verhältnis Russlands zu den USA haben.
Der britische Außenminister William Hague erklärte bereits, es sei möglich, aus "humanitären" Gründen auch "ohne die vollständige Einigkeit des UN-Sicherheitsrats auf einen Chemiewaffeneinsatz zu reagieren".
Am Montag veröffentlichte die russische Zeitung "Iswestija" ein Interview mit Assad, in dem er die Vorwürfe des Westens als "eine Beleidigung des gesunden Menschenverstandes" zurückwies.
Assad warnte, die militärischen Planungen der USA seien zum "Scheitern" verurteilt, "genau wie in allen früheren Kriegen, die sie angefangen haben". Assad gibt sich ebenso wie Russland überzeugt, dass der Chemiewaffenangriff von den Rebellen fingiert wurde, um den Westen zum Eingreifen zu zwingen.
Die Expertin Maria Lipman vom Carnegie Centre in Moskau warnt, Russland könne es "nicht unbeantwortet lassen", wenn seine Meinung einfach ignoriert werde. Zur Reaktion im Fall einer Intervention befragt, versicherte Lawrow zwar, Russland wolle "gegen niemandem kämpfen". Doch Lipman warnt, dass die russische Regierung im Gegenzug ihre Waffenlieferungen an Damaskus aufstocken könnte. Ohnehin versorgt Russland den Verbündeten ungebrochen mit Kriegsgerät.