London. Der Chefredakteur des “Guardian“ Alan Rusbridger hat angekündigt, die britische Zeitung werde künftig vermehrt aus den USA heraus arbeiten. Grund dafür sei das Vorgehen der britischen Regierung gegen den “Guardian“, das eine unabhängige Berichterstattung gefährdet.

Die britische Zeitung "The Guardian" will künftig noch stärker als bisher aus den USA heraus arbeiten und damit dem Druck der Regierung in London entgehen. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendjemand in Amerika gegen den "Guardian" vorgehen wird", sagte Chefredakteur Alan Rusbridger der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

"Ich will nicht selbstgefällig sein, aber es beruhigt mich mehr, aus Amerika zu berichten als aus dem Vereinigten Königreich." An den Inhalten der Zeitung werde sich nichts ändern: "Wir berichten einfach weiter."

Regierung in der Kritik

Der "Guardian" hatte als erste Zeitung von Spähprogrammen bei amerikanischen und britischen Geheimdiensten berichtet, die der US-Whistleblower Edward Snowden enthüllt hatte. Daraufhin hatten britische Behörden die Zeitung nach Angaben des "Guardian" gezwungen, Computer-Festplatten zu zerstören, auf denen Material dazu gespeichert war.

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Die britische Regierung steht zudem schwer in der Kritik, weil der Ehepartner des "Guardian"-Journalisten Glenn Greenwald unter Anti-Terrorgesetzen fast neun Stunden am Flughafen Heathrow festgehalten und verhört worden war. David Miranda waren mehrere Speichermedien abgenommen worden.

Miranda erwirkt einstweilige Verfügung

Der Brasilianer zog am Donnerstag vor den High Court in London, um eine einstweilige Verfügung gegen seine Festsetzung am Flughafen Heathrow und die Beschlagnahme seiner Computerausrüstung zu erwirken. Greenwald war der Journalist, der als erster die Enthüllungen von US-Whistleblower Edward Snowden veröffentlicht hatte.

Durch die einstweilige Verfügung solle erwirkt werden, dass die Regierung das beschlagnahmte Material weder einsehen, kopieren noch weitergeben darf, sagte Mirandas Anwalt vor dem höchsten englischen Zivilgericht. Nach Angaben von Glenn Greenwald sind die Daten für die Regierung ohnehin wertlos. Sie seien so verschlüsselt, dass sie selbst von Hochleistungsrechnern nicht decodiert werden könnten, hatte er der Plattform "Zeit-Online" am Mittwoch gesagt.

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Briten stehen hinter dem "Guardian"

Die britische Öffentlichkeit steht einer Umfrage zufolge klar auf der Seite der Zeitung. Nur gut ein Drittel (37 Prozent) ist der Meinung, dass Miranda rechtmäßig auf der Grundlage eines Terrorgesetzes festgehalten wurde. 47 Prozent gaben in der Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov an, die Androhung von Gefängnis für den 28 Jahre alten Marketing-Studenten sei falsch gewesen, während sie 38 Prozent für richtig hielten.

"Guardian"-Chefredakteur Rusbridger kündigte unterdessen weitere Berichterstattung in der Affäre um die Abhörpraktiken von Geheimdiensten an. "Wir werden in den nächsten Wochen vor allem mehr erfahren, was die Beziehung zwischen Regierungen, Geheimdiensten und den großen Internet- und Technologiefirmen angeht", sagte er "Spiegel-Online". (dpa)