Kairo. . Ägypten ist weit entfernt von einer Normalisierung der Lage. Langzeitherrscher Mubarak ist aus der Haft entlassen und unter Hausarrest gestellt worden. Unterdessen rufen die Muslimbrüder zu weiteren Protesten auf. Viele Ägypter dürften in der Freilassung eine Rehabilitierung der alten Ordnung sehen.
Ägyptens ehemaliger Präsident Husni Mubarak wurde nach seiner Freilassung zunächst in ein Militärkrankenhaus nordöstlich von Kairo gebracht, wo er unter Aufsicht steht, teilte dessen Anwalt mit. Ein Gericht hatte am Mittwoch angeordnet, dass der 85-Jährige unter Hausarrest gestellt werden solle.
Ein Richter hatte erklärte, das Urteil sei endgültig und könne nicht angefochten werden. Die Entscheidung dürfte die ohnehin angespannte Lage in Ägypten weiter anheizen. Dort sind in den vergangenen Tagen bei Kämpfen zwischen Sicherheitskräften und Anhängern von Mubaraks Nachfolger, Mohammed Mursi, mindestens 900 Menschen ums Leben gekommen.
Aktivisten wollen gegen Mubarak-Freilassung demonstrieren
Blogger und Aktivisten protestierten in sozialen Netzwerken gegen Mubaraks Haftentlassung. Mehrere sogenannte Revolutionsgruppen starteten eine Kampagne. Sie erklärten, Mubarak und Funktionäre seines Regimes müssten vor ein Revolutionsgericht gestellt werden. Die Jugendbewegung 6. April und andere Protestgruppen wollen an diesem Freitag vor einem Justizgebäude in Kairo demonstrieren.
Mubarak war nach 30-jähriger Herrschaft in der Revolution des Arabischen Frühlings gestürzt worden. Wegen der Tötung von Demonstranten während des Aufstands wurde er zwar zu lebenslanger Haft verurteilt. Im Januar ordnete ein Berufungsgericht jedoch ein neues Verfahren an. Inzwischen lief die maximal zulässige Untersuchungshaft in diesem Fall ab. Mit der Gerichtsentscheidung von Mittwoch kann Mubarak auch in einem anderen Verfahren, in dem es um Korruption geht, nicht mehr inhaftiert bleiben.
Weitere Angehörige von Muslimbrüder in Haft
Viele Ägypter dürften in der Freilassung Mubaraks eine Rehabilitierung der alten Ordnung sehen und ein Zurückdrängen der Demokratiebewegung, die ihn gestürzt hatte. Das Land ist zutiefst gespalten, weil viele Ägypter ihre Ideale durch die Muslimbrüder verraten sahen, die sich mit Mursi bei den Wahlen durchgesetzt hatten. Diese wiederum werfen der Armee vor, mit dem Sturz des demokratisch gewählten Präsidenten einen Putsch verübt zu haben. Die folgenden Auseinandersetzungen trieben das Land an den Rand eines Bürgerkrieges.
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Unterdessen verschwinden weitere Angehörige der Muslimbruderschaft hinter Gittern. In der Nacht zum Donnerstag nahm die Polizei einen Sprecher fest, Ahmed Aref. Die islamistischen Muslimbrüder, die unter Mubarak jahrzehntelang verboten und im Untergrund aktiv waren, wurden vom Militär entmachtet. Der gewählte Präsident Mohammed Mursi, der aus der Muslimbruderschaft stammt, wurde abgesetzt und inhaftiert.
Aref hatte die Anhänger der Muslimbrüder in den vergangenen Tagen aufgefordert, ihre Proteste trotz der Festnahme von Führungspersonen fortzusetzen. Inzwischen sitzt etwa ein Drittel der Spitze der Muslimbruderschaft in Untersuchungshaft. (rtr/dpa)