Berlin. SPD-Kandidat Peer Steinbrück hat in Berlin einen Zehn-Punkte-Plan gegen den fortschreitenden Anstieg der Strompreise vor. Verbraucher sollten sich davon jedoch nicht allzu viel versprechen. Viele der großen Probleme bleiben auch mit diesen Plänen ungelöst.
Geringere Stromsteuer, staatliche Preiseingriffe, weniger Industrierabatte: Mit einem Zehn-Punkte-Plan möchte die SPD nach der Bundestagswahl den Strompreisanstieg bekämpfen. Gestern stellte Kanzlerkandidat Peer Steinbrück das Papier vor – und kassierte dafür Kritik von vielen Seiten.
Die Ausgangslage
Zwischen 2009 und heute ist die Umlage für Ökostrom von 1,13 Cent auf 5,28 Cent je Kilowattstunde explodiert. Grundlage ist das Gesetz für Erneuerbare Energien (EEG). Damit schnellte die Abgabe für einen Haushalt mit einem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden von 40 Euro auf 185 Euro. 2014 wird die EEG-Umlage voraussichtlich bei sechs bis 6,5 Cent liegen. Zugleich wurden immer mehr Betriebe von der Umlage weitgehend befreit. 2010 profitierten davon nur 570 Betriebe, derzeit sind es 1691.
Runter mit der Stromsteuer
Seit langem fordert die SPD – wie die FDP – eine Senkung der Stromsteuer. Sie möchte die Abgabe um 25 Prozent reduzieren und so die Verbraucher um 0,5 Cent je Kilowattstunde entlasten. Unterm Strich macht das 1,6 Milliarden Euro. Doch an der Stromsteuer zu drehen, ist eine Notmaßnahme. Sie kann allenfalls kurzfristig den Preisanstieg bremsen, da sie nicht an der steigenden EEG-Umlage ansetzt. Auch darf bezweifelt werden, ob die Energiekonzerne die Entlastung bei der Stromsteuer voll an den Verbraucher weitergeben. Als die Debatte im Frühjahr aufkam, schlug Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) Alarm: Er warnte vor höheren Rentenbeiträgen, weil die Stromsteuer in die Entlastung der Rentenkassen fließe.
Ausnahmen bei der EEG-Umlage
Ein Durchschnittshaushalt zahlt etwa 40 Euro im Jahr für Industrierabatte bei der Förderung der erneuerbaren Energien. Die SPD – ebenso Grüne und Linke – will die Privilegien zurückfahren. Das soll 500 Millionen Euro in die Kasse spülen. Auch Umweltminister Peter Altmaier (CDU) hat kritisiert, dass zum Teil Betriebe befreit werden, die es nicht nötig haben. Einschnitte wären machbar. Jedoch zahlen über 99 Prozent der Firmen die volle Umlage. Bei zu starken Einschnitten könnte die energieintensive Industrie – mit mehr als 900.000 Beschäftigten – an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen.
Regulierung der Endkundenpreise
Dank niedriger Börsenstrompreise sieht die SPD ein Einsparpotenzial von 1,5 Milliarden Euro, das die Energieversorger an die Kunden weitergeben könnten – es aber angeblich nicht machen. Also möchte sie diese notfalls zwingen, billigere Tarife anzubieten. Sie sollen verpflichtet werden, ihre Grundversorgertarife an die Bundesnetzagentur zu melden. Die soll eingreifen, wenn Tarife vom niedrigsten Vergleichspreis in einer Region um mehr als zehn Prozent abweichen. Zum Teil sind die Grundversorgertarife, die von 40 Prozent der Verbraucher genutzt werden, viel teurer als andere Tarife. Die SPD sieht die Grundlage für den Eingriff in die Preise bei Paragraf 39 des Energiewirtschaftsgesetzes. Mancher Wirtschaftsvertreter hält das für möglich, Greenpeace aber nicht.
Wahlkampf mit der SPD
Das Problem "Grünstrom"
Alle Parteien sagen: das Erneuerbare-Energien-Gesetz muss reformiert werden. Die SPD möchte bei der Förderung des Grünstroms sparen, dessen Einspeisevorrang aber erhalten und ihn schrittweise in den Strommarkt voll integrieren.
Fazit
Nicht nur von Union, FDP und der Energiebranche kommt Kritik am Zehn-Punkte-Plan. Zu Recht. Die meisten Punkte im SPD-Konzept sind alt. Eine Senkung der Stromsteuer kann nur kurzfristig helfen. Ob Preiseingriffe auf Basis der heutigen Gesetze möglich sind, ist unsicher. Unterm Strich muss eine Reform des EEG erfolgen. Wie die konkret aussehen soll, dazu bleibt das Papier vage.